• Sigmund Ernst an August Wilhelm von Schlegel

  • Absendeort: Hannover · Empfangsort: Amsterdam · Datum: 26.08.1793
Editionsstatus: Neu transkribiert und ausgezeichnet; zweimal kollationiert
    Briefkopfdaten
  • Absender: Sigmund Ernst
  • Empfänger: August Wilhelm von Schlegel
  • Absendeort: Hannover
  • Empfangsort: Amsterdam
  • Datum: 26.08.1793
    Handschrift
  • Datengeber: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Signatur: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.38
  • Blatt-/Seitenzahl: 2S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 18,7 x 11,2 cm
  • Incipit: „[1] Liebster Freund,
    So wünschte ich Sie nennen zu dürfen, und wo sich Gelegenheit zeigt, Proben der Freundschaft abzulegen, da soll. [...]“
    Sprache
  • Deutsch
    Editorische Bearbeitung
  • Bamberg, Claudia
[1] Liebster Freund,
So wünschte ich Sie nennen zu dürfen, und wo sich Gelegenheit zeigt, Proben der Freundschaft abzulegen, da soll. Sie allemal finden, daß Freundschaft mir kein leerer Nahme ist.
Ich schreibe an Sie, ohne Ihre Erlaubniß zu haben, aber doch glaube ich, werden Sie mir verzeihen, daß ich mir sie genommen habe. Es ist Ihnen doch vielleicht lieb, einen Correspondenten mehr in Ihrer Familie zu haben, und wenn Sie auch das Wichtigste ohne mich erfahr. können, so werd. Sie doch wohl auch, so weit von Ihrem väterl. Hause entfernt, kleinere Nachrichten gern lesen, und sollten auch Ihre Correspondent. u Correspondentinn. auf einerley Nachrichten treffen, so werden sie doch dadurch etwas umständlicher, und am Ende – man ließt ja wohl auch in verschieden. Zeitungen einerley Sache 2mal.
Ich mache einen Versuch damit. Sie wissen vermuthlich daß wir einen Besuch von Schindlers gehabt haben, u von Ihrer Tante Caroline aus Ohsen, u daß wir die 8 Tage, während ihres Besuchs sehr vergnügt gewesen sind. Das Register unsrer Spaziergänge und Feten wäre für mein Gedächtniß zu viel: ich hebe nur das aus was mir am intereßantest. war. Wir fuhr. an einem schön. Nachmittage nach Marienwerder, u trank. da Caffee. Carl, weil 2 Wagen besezt waren, ritt. Auf mich, dem Gegenstände dieser Art ziemlich neu waren, machte es einen grosen Eindruk: aber manches was blos durch seine Neuheit Eindruk macht, verliehrt bey der Recapitulation. Die Natur gefällt überall, wo die Kunst nur ihre Schönheiten in d. vortheilhaftest. Gesichtspunkt bringen durfte, u ihre Eindrüke sind bleibend u tief; aber die Kunst, wenn sie ihren eign. Weg geht, macht nur durch eine augenblikliche Ueberraschug Eindruk, u am Ende wundert man sich, warum man ausruft das ist schön. Dies ist wenigstens meine Erfahrung als ich in Marienwerder auf Ruinen, u eine Einsiedlerhütte traf. Wenn ich auf wahre Ruinen irgend eines verfallʼnen Ritterschloßes treffe, denn stehen auf einmal die Zeit., die nun vergangen sind, vor mir, ich sehe in d. verschütteten Hallen die ihre ehemaligen Bewohner sich den Helm u das Schwerd abschnallen, u d. Staub u das Blut vom überstanden. Kampfe von der Stirne wischen, ich höre das Raßeln ihrer Rüstung [2] den Donner ihres eisernen Fußtritts – aber in solchen nachgemacht. Trümmern suche ich mich vergebens in jene Träume zu versezen, u es geht mir wie bey der einer elend. Vorstellung eines schönen Trauerspiels, wo ich gern mich täuschen laßen möchte, u in jedem Augenblike mehr empfinde daß man es mich nicht täuschen kann – Aber was denken Sie zu meinen Nachrichten? Ich versprach Ihn. Nachricht, aus Ihr. Hause, und erzählte Ihn. blos meine Empfindungen. – Doch es soll künftig nicht der Fall seyn, wenn Sie mich zu Ihrem Correspondent. bestellen woll.
Kann ich Nachrichten, aus dem gelehrt., besonders aus dem litterarisch. Fache für Sie samlen, so soll es meinen Brief. auch daran nicht fehlen. Sie sehen, ich mache es wie alle, die ein Amt suchen: viele Versprechungen; aber desweg. doch nicht, wie es bey manchen wohl der Fall ist – wenig Erfüllung. Mir ist es um Ihre Freundschaft zu thun, und da muß ich mir doch wohl auch Mühe geb. sie zu verdienen.
Doch damit Sie sich nicht vor meiner Correspondenz fürchten, muß ich sorg. daß meine die erste Probe nicht zu lang wird. Leb. Sie recht wohl, und denk. Sie zuweil. an
Ihr.
aufrichtig. Freund
S. Ernst.
Hanover
d. 26. Aug. 1793
[3] [leer]
[4] An Herrn
Herrn Schlegel
in Amsterdam
durch Einschluß
[1] Liebster Freund,
So wünschte ich Sie nennen zu dürfen, und wo sich Gelegenheit zeigt, Proben der Freundschaft abzulegen, da soll. Sie allemal finden, daß Freundschaft mir kein leerer Nahme ist.
Ich schreibe an Sie, ohne Ihre Erlaubniß zu haben, aber doch glaube ich, werden Sie mir verzeihen, daß ich mir sie genommen habe. Es ist Ihnen doch vielleicht lieb, einen Correspondenten mehr in Ihrer Familie zu haben, und wenn Sie auch das Wichtigste ohne mich erfahr. können, so werd. Sie doch wohl auch, so weit von Ihrem väterl. Hause entfernt, kleinere Nachrichten gern lesen, und sollten auch Ihre Correspondent. u Correspondentinn. auf einerley Nachrichten treffen, so werden sie doch dadurch etwas umständlicher, und am Ende – man ließt ja wohl auch in verschieden. Zeitungen einerley Sache 2mal.
Ich mache einen Versuch damit. Sie wissen vermuthlich daß wir einen Besuch von Schindlers gehabt haben, u von Ihrer Tante Caroline aus Ohsen, u daß wir die 8 Tage, während ihres Besuchs sehr vergnügt gewesen sind. Das Register unsrer Spaziergänge und Feten wäre für mein Gedächtniß zu viel: ich hebe nur das aus was mir am intereßantest. war. Wir fuhr. an einem schön. Nachmittage nach Marienwerder, u trank. da Caffee. Carl, weil 2 Wagen besezt waren, ritt. Auf mich, dem Gegenstände dieser Art ziemlich neu waren, machte es einen grosen Eindruk: aber manches was blos durch seine Neuheit Eindruk macht, verliehrt bey der Recapitulation. Die Natur gefällt überall, wo die Kunst nur ihre Schönheiten in d. vortheilhaftest. Gesichtspunkt bringen durfte, u ihre Eindrüke sind bleibend u tief; aber die Kunst, wenn sie ihren eign. Weg geht, macht nur durch eine augenblikliche Ueberraschug Eindruk, u am Ende wundert man sich, warum man ausruft das ist schön. Dies ist wenigstens meine Erfahrung als ich in Marienwerder auf Ruinen, u eine Einsiedlerhütte traf. Wenn ich auf wahre Ruinen irgend eines verfallʼnen Ritterschloßes treffe, denn stehen auf einmal die Zeit., die nun vergangen sind, vor mir, ich sehe in d. verschütteten Hallen die ihre ehemaligen Bewohner sich den Helm u das Schwerd abschnallen, u d. Staub u das Blut vom überstanden. Kampfe von der Stirne wischen, ich höre das Raßeln ihrer Rüstung [2] den Donner ihres eisernen Fußtritts – aber in solchen nachgemacht. Trümmern suche ich mich vergebens in jene Träume zu versezen, u es geht mir wie bey der einer elend. Vorstellung eines schönen Trauerspiels, wo ich gern mich täuschen laßen möchte, u in jedem Augenblike mehr empfinde daß man es mich nicht täuschen kann – Aber was denken Sie zu meinen Nachrichten? Ich versprach Ihn. Nachricht, aus Ihr. Hause, und erzählte Ihn. blos meine Empfindungen. – Doch es soll künftig nicht der Fall seyn, wenn Sie mich zu Ihrem Correspondent. bestellen woll.
Kann ich Nachrichten, aus dem gelehrt., besonders aus dem litterarisch. Fache für Sie samlen, so soll es meinen Brief. auch daran nicht fehlen. Sie sehen, ich mache es wie alle, die ein Amt suchen: viele Versprechungen; aber desweg. doch nicht, wie es bey manchen wohl der Fall ist – wenig Erfüllung. Mir ist es um Ihre Freundschaft zu thun, und da muß ich mir doch wohl auch Mühe geb. sie zu verdienen.
Doch damit Sie sich nicht vor meiner Correspondenz fürchten, muß ich sorg. daß meine die erste Probe nicht zu lang wird. Leb. Sie recht wohl, und denk. Sie zuweil. an
Ihr.
aufrichtig. Freund
S. Ernst.
Hanover
d. 26. Aug. 1793
[3] [leer]
[4] An Herrn
Herrn Schlegel
in Amsterdam
durch Einschluß
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