• August Wilhelm von Schlegel to Christian Gottlob von Voigt, der Jüngere

  • Place of Dispatch: Genf · Place of Destination: Weimar · Date: Februar 1806
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Christian Gottlob von Voigt, der Jüngere
  • Place of Dispatch: Genf
  • Place of Destination: Weimar
  • Date: Februar 1806
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 196‒198.
  • Incipit: „[1] Genf d. Febr. 1806
    Es ist mir sehr erwünscht, mein werthester Herr Regierungsrath, daß ein Auftrag unsrer vortrefflichen Freundin, Madame Bernhardi, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Weimar, Landesarchiv Thüringen - Hauptstaatsarchiv Weimar
  • Classification Number: Familiennachlass Voigt Nr. 173, Komplett
  • Number of Pages: 3 S., hs. m. U.
    Language
  • German
[1] Genf d. Febr. 1806
Es ist mir sehr erwünscht, mein werthester Herr Regierungsrath, daß ein Auftrag unsrer vortrefflichen Freundin, Madame Bernhardi, mir Gelegenheit giebt Ihnen zu schreiben, und mein Andenken bey Ihnen zu erneuern. Dieser Auftrag betrifft das beykommende Manuscript, ein dramatisches Gedicht, worin Sie die rührende Zartheit nicht verkennen werden, welche alle Hervorbringungen dieser geistreichen Dichterin bezeichnet. Sie wünscht es so bald als möglich gedruckt zu wissen; außer den allgemeinen Gründen hat sie dazu noch besondere aus ihrer persönlichen Lage geschöpfte. Da unstreitig ihre Entfernung von Berlin, ihr Aufenthalt in Rom die Aufmerksamkeit auf sie gezogen und mancherley Urtheile veranlaßt hat, so wünscht sie, daß ihr Name auf eine vortheilhafte Art öffentlich genannt werden möge, was ihr ehedem gleichgültig war. Es scheint, daß man nur dem Talent zu Gunsten es einer Frau verzeiht, wenn sie, von unglücklichen Verhältnissen gedrängt, nach einer gewissen Unabhängigkeit zu streben wagt, und so hat meine Freundin gewiß Recht, das ihrige so entschieden zur Poesie [2] gelten zu machen. Sie hat in Rom ungeachtet ihrer schwachen Gesundheit ein erzählendes Gedicht in zehn Gesängen, Florio und Blanscheflur, vollendet, wovon ich die ersten, die ich noch dort gesehen, außerordentlich gelungen fand. Sie ist beschäftigt, jetzt die letzte Hand daran zu legen, und es würde gut seyn, wenn unterdessen Egidio und Isabella erscheinen könnte.
Ich bin so weit von Deutschland entfernt, besonders vom Mittelpunkte des Buchhandels, daß die Sache dadurch sehr weitläuftig wird, und über dem Hin- und Herschreiben viel Zeit verlohren geht. Mad. Bernhardi erbittet sich daher von Ihrer schon oft erprobten freundschaftlichen Gefälligkeit die Übernahme dieses Geschäftes. Ich weiß nicht, ob sie Ihnen selbst darüber geschrieben, oder es mir überlassen hat, Ihnen ihr Anliegen vorzutragen. Sie haben dabey, was die Bestimmung des Honorars, sey es nun im Ganzen, oder bogenweise, betrifft, völlig freye Hand, alle Bedingungen einzugehn die Ihnen angemessen scheinen; nur sorgen Sie, daß es anständig gedruckt werde, und so bald als möglich erscheine. Meine Freundin hat nie übertriebne Foderungen für den Verlag ihrer Schriften gemacht, und jetzt ist die Lage des Buchhandels vielleicht ungünstiger als je. Wenig[3]stens ertheilt mir Frommann darüber einen kläglichen Bericht, dem ich so wie zuvor Cotta den Verlag angetragen; beyde haben ihn abgelehnt. Ich merke dieß an, damit Sie keine überflüßigen Schritte thun.
Für Richtigkeit des Drucks habe ich von meiner Seite durch eine eigenhändige und genau durchgesehene Abschrift bestens gesorgt.
Das Manuscript ist schon geraume Zeit in meinen Händen gewesen, und ich hätte gewünscht es früher absenden zu können. Allein zu Anfang des Winters war der Postenlauf durch den Krieg ganz in Unordnung gerathen; hernach bin ich durch einen Reisenden hingehalten, dessen Rückkehr nach Deutschland sich immer verzögert hat. Nun muß ich es doch auf die fahrende Post geben, und will nur hoffen, daß es unterwegs nicht zu lange aufgehalten wird. Mit der Briefpost ist ein so starkes Packet gar zu unverhältnißmäßig theuer. Sie werden mich sehr verbinden, wenn Sie mir den Empfang unverzüglich melden wollen, um mich darüber zu beruhigen. Wann es Ihnen erst gelungen das Manuscript unterzubringen, so wird es am besten seyn, Mad. Bernhardi unmittelbar davon Nachricht zu geben.
[4] Aus den Zeitungen habe ich gesehen, daß Sie in Berlin waren, doch zweifle ich nicht, daß dieser Brief Sie wieder in Weimar treffen wird, da Ihre Sendung vermuthlich den Aufenthalt der Preußischen Truppen in Ihrem Vaterlande betraf. Mit größter Theilnahme habe ich alles, was ich von den Vorgängen im nördlichen Deutschland und insbesondere in Weimar, erfahren können, aufgenommen, und Sie werden mich durch jede Nachricht darüber sehr verpflichten.
Wie befindet sich denn Ihre liebenswürdige Gattin? Empfehlen Sie mich ihr auf das angelegentlichste. Ich hatte bey ihrem Aufenthalt in Berlin Gelegenheit sie näher kennen zu lernen, und ihre persönlichen Eigenschaften flößten mir die größte Hochachtung, so wie der Zustand ihrer Gesundheit die aufrichtigste Theilnahme ein. Ich wünsche recht von Herzen, daß der letztere sich verbessert haben mag.
Im Fall Ihnen die Freunde in Rom nicht seit kurzem geschrieben haben, will ich die letzten Nachrichten von dorther beyfügen. Mad. Bernhardi scheint sich leidlich zu befinden, es ist nicht ihre Art viel davon zu erwähnen. Doch haben die Ärzte versichert, daß der Aufenthalt in einem südlichen Klima ihr nothwendig sey, und daß sie nicht ohne die nachtheiligsten Folgen nach Deutschland würde zurückkehren können. Die Kinder [5] gedeihen aufs beste und nehmen immer an Schönheit und Liebenswürdigkeit zu. Der älteste Tieck leidet immer noch an der Gicht. Der Bildhauer hat sich nun, nachdem er sich einigermaßen an der Betrachtung der Meisterwerke, welche Rom enthält, gesättigt, regelmäßig zu eignen Arbeiten eingerichtet. Er verfertigt ein Basrelief für Neckers Denkmal, nach dem Auftrage der Frau von Stael; er war im Begriff das Bildniß eines der angesehensten Männer in Rom, des Cardinal-Vicarius de la Somaglia zu unternehmen. Ich zweifle nicht, daß ihn auf seiner ferneren Laufbahn eine verdiente Anerkennung begleiten wird.
Wenn Sie Goethe sehen, bitte ich Sie ihn aufs beste von mir zu grüßen.
Leben Sie recht wohl, lassen Sie mich bald von sich hören, und behalten Sie mich in freundschaftlichem Andenken.
Ganz der Ihrige
A. W. Schlegel
Die Addresse unsrer Freunde in Rom, wenn Sie sie etwa nicht wissen, ist folgende: via magna di Napoli, al canto delle tre canelle. No. 24. Palazzo Fiori. Die meinige: au chateau de Coppet près Genève en Suisse.
[6] Wie weit ist es denn mit der Subscription für Herders Denkmal gediehen? Ich wünsche von Herzen, daß es zu Stande kommen, und daß Tieck den Auftrag dazu erhalten möge.
Haben Sie nicht einige Bücher von mir in Verwahrung, die Tieck Ihnen bey seiner Abreise übergeben, unter andern Ayrers Opus theatricum?
Haben Sie nicht auch eine Gipsbüste meiner verstorbnen Stieftochter Auguste Böhmer in Verwahrung, welche Tieck mir vor seiner Abreise einzupacken versprochen hatte?
[1] Genf d. Febr. 1806
Es ist mir sehr erwünscht, mein werthester Herr Regierungsrath, daß ein Auftrag unsrer vortrefflichen Freundin, Madame Bernhardi, mir Gelegenheit giebt Ihnen zu schreiben, und mein Andenken bey Ihnen zu erneuern. Dieser Auftrag betrifft das beykommende Manuscript, ein dramatisches Gedicht, worin Sie die rührende Zartheit nicht verkennen werden, welche alle Hervorbringungen dieser geistreichen Dichterin bezeichnet. Sie wünscht es so bald als möglich gedruckt zu wissen; außer den allgemeinen Gründen hat sie dazu noch besondere aus ihrer persönlichen Lage geschöpfte. Da unstreitig ihre Entfernung von Berlin, ihr Aufenthalt in Rom die Aufmerksamkeit auf sie gezogen und mancherley Urtheile veranlaßt hat, so wünscht sie, daß ihr Name auf eine vortheilhafte Art öffentlich genannt werden möge, was ihr ehedem gleichgültig war. Es scheint, daß man nur dem Talent zu Gunsten es einer Frau verzeiht, wenn sie, von unglücklichen Verhältnissen gedrängt, nach einer gewissen Unabhängigkeit zu streben wagt, und so hat meine Freundin gewiß Recht, das ihrige so entschieden zur Poesie [2] gelten zu machen. Sie hat in Rom ungeachtet ihrer schwachen Gesundheit ein erzählendes Gedicht in zehn Gesängen, Florio und Blanscheflur, vollendet, wovon ich die ersten, die ich noch dort gesehen, außerordentlich gelungen fand. Sie ist beschäftigt, jetzt die letzte Hand daran zu legen, und es würde gut seyn, wenn unterdessen Egidio und Isabella erscheinen könnte.
Ich bin so weit von Deutschland entfernt, besonders vom Mittelpunkte des Buchhandels, daß die Sache dadurch sehr weitläuftig wird, und über dem Hin- und Herschreiben viel Zeit verlohren geht. Mad. Bernhardi erbittet sich daher von Ihrer schon oft erprobten freundschaftlichen Gefälligkeit die Übernahme dieses Geschäftes. Ich weiß nicht, ob sie Ihnen selbst darüber geschrieben, oder es mir überlassen hat, Ihnen ihr Anliegen vorzutragen. Sie haben dabey, was die Bestimmung des Honorars, sey es nun im Ganzen, oder bogenweise, betrifft, völlig freye Hand, alle Bedingungen einzugehn die Ihnen angemessen scheinen; nur sorgen Sie, daß es anständig gedruckt werde, und so bald als möglich erscheine. Meine Freundin hat nie übertriebne Foderungen für den Verlag ihrer Schriften gemacht, und jetzt ist die Lage des Buchhandels vielleicht ungünstiger als je. Wenig[3]stens ertheilt mir Frommann darüber einen kläglichen Bericht, dem ich so wie zuvor Cotta den Verlag angetragen; beyde haben ihn abgelehnt. Ich merke dieß an, damit Sie keine überflüßigen Schritte thun.
Für Richtigkeit des Drucks habe ich von meiner Seite durch eine eigenhändige und genau durchgesehene Abschrift bestens gesorgt.
Das Manuscript ist schon geraume Zeit in meinen Händen gewesen, und ich hätte gewünscht es früher absenden zu können. Allein zu Anfang des Winters war der Postenlauf durch den Krieg ganz in Unordnung gerathen; hernach bin ich durch einen Reisenden hingehalten, dessen Rückkehr nach Deutschland sich immer verzögert hat. Nun muß ich es doch auf die fahrende Post geben, und will nur hoffen, daß es unterwegs nicht zu lange aufgehalten wird. Mit der Briefpost ist ein so starkes Packet gar zu unverhältnißmäßig theuer. Sie werden mich sehr verbinden, wenn Sie mir den Empfang unverzüglich melden wollen, um mich darüber zu beruhigen. Wann es Ihnen erst gelungen das Manuscript unterzubringen, so wird es am besten seyn, Mad. Bernhardi unmittelbar davon Nachricht zu geben.
[4] Aus den Zeitungen habe ich gesehen, daß Sie in Berlin waren, doch zweifle ich nicht, daß dieser Brief Sie wieder in Weimar treffen wird, da Ihre Sendung vermuthlich den Aufenthalt der Preußischen Truppen in Ihrem Vaterlande betraf. Mit größter Theilnahme habe ich alles, was ich von den Vorgängen im nördlichen Deutschland und insbesondere in Weimar, erfahren können, aufgenommen, und Sie werden mich durch jede Nachricht darüber sehr verpflichten.
Wie befindet sich denn Ihre liebenswürdige Gattin? Empfehlen Sie mich ihr auf das angelegentlichste. Ich hatte bey ihrem Aufenthalt in Berlin Gelegenheit sie näher kennen zu lernen, und ihre persönlichen Eigenschaften flößten mir die größte Hochachtung, so wie der Zustand ihrer Gesundheit die aufrichtigste Theilnahme ein. Ich wünsche recht von Herzen, daß der letztere sich verbessert haben mag.
Im Fall Ihnen die Freunde in Rom nicht seit kurzem geschrieben haben, will ich die letzten Nachrichten von dorther beyfügen. Mad. Bernhardi scheint sich leidlich zu befinden, es ist nicht ihre Art viel davon zu erwähnen. Doch haben die Ärzte versichert, daß der Aufenthalt in einem südlichen Klima ihr nothwendig sey, und daß sie nicht ohne die nachtheiligsten Folgen nach Deutschland würde zurückkehren können. Die Kinder [5] gedeihen aufs beste und nehmen immer an Schönheit und Liebenswürdigkeit zu. Der älteste Tieck leidet immer noch an der Gicht. Der Bildhauer hat sich nun, nachdem er sich einigermaßen an der Betrachtung der Meisterwerke, welche Rom enthält, gesättigt, regelmäßig zu eignen Arbeiten eingerichtet. Er verfertigt ein Basrelief für Neckers Denkmal, nach dem Auftrage der Frau von Stael; er war im Begriff das Bildniß eines der angesehensten Männer in Rom, des Cardinal-Vicarius de la Somaglia zu unternehmen. Ich zweifle nicht, daß ihn auf seiner ferneren Laufbahn eine verdiente Anerkennung begleiten wird.
Wenn Sie Goethe sehen, bitte ich Sie ihn aufs beste von mir zu grüßen.
Leben Sie recht wohl, lassen Sie mich bald von sich hören, und behalten Sie mich in freundschaftlichem Andenken.
Ganz der Ihrige
A. W. Schlegel
Die Addresse unsrer Freunde in Rom, wenn Sie sie etwa nicht wissen, ist folgende: via magna di Napoli, al canto delle tre canelle. No. 24. Palazzo Fiori. Die meinige: au chateau de Coppet près Genève en Suisse.
[6] Wie weit ist es denn mit der Subscription für Herders Denkmal gediehen? Ich wünsche von Herzen, daß es zu Stande kommen, und daß Tieck den Auftrag dazu erhalten möge.
Haben Sie nicht einige Bücher von mir in Verwahrung, die Tieck Ihnen bey seiner Abreise übergeben, unter andern Ayrers Opus theatricum?
Haben Sie nicht auch eine Gipsbüste meiner verstorbnen Stieftochter Auguste Böhmer in Verwahrung, welche Tieck mir vor seiner Abreise einzupacken versprochen hatte?
×
×