• August Wilhelm von Schlegel to Heinrich Eberhard Gottlob Paulus

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Heidelberg · Date: 30.11.1818
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Heinrich Eberhard Gottlob Paulus
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Heidelberg
  • Date: 30.11.1818
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 342‒343.
  • Incipit: „[1] Bonn d. 30sten Nov 1818
    Theuerster Herr Vater!
    Auf Ihren Brief vom 22sten Nov., den ich erst gestern erhielt, bedarf es nur [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-35010
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.17,Nr.39
  • Number of Pages: 2 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,4 x 11,9 cm
    Language
  • German
[1] Bonn d. 30sten Nov 1818
Theuerster Herr Vater!
Auf Ihren Brief vom 22sten Nov., den ich erst gestern erhielt, bedarf es nur einer kurzen Antwort.
Wenige Stunden nach meiner Abreise, am Abend des 1sten Nov. schrieb mir Sophie:

„Liebster bester Wilhelm! Ich sitze jetzt ganz allein, und am nemlichen Tag allein, wo ich dich noch gesehen und gesprochen hatte. Glaube mir, ich war beym Abschied betrübter als ich aussah, denn gerade wenn mir igend etwas recht schwer fällt, lasse ich mir nichts merken. Dann, wenn ich allein bin, kommt die Betrübniß doppelt, wohl auch Thränen.
Sey von meiner festen Treue und Liebe überzeugt, lebe wohl und schreibe bald deiner Sophie.“

Es geht hieraus unwidersprechlich hervor, daß Sophie sich im Beysammenseyn mit mir glücklich gefühlt hatte, daß ihr der Abschied von mir sehr schmerzlich fiel, und daß sie damals nicht die mindeste Klage gegen mich hatte. Es ist also auch klar, daß alles was Sie in Ihrem Briefe gegen mich sagen, erst seit meiner Entfernung ersonnen worden ist.
Tausend Versicherungen ähnlicher Art hat mir [2] Sophie in Stuttgart und in Heidelberg bis zu dem letzten Tage mündlich gegeben. Was von den seitdem angewandten Bemühungen, uns einander zu entfremden, zu halten sey, überlasse ich Ihrem eignen Ermessen.
Sophie ist nach göttlichen und menschlichen Rechten die meinige. Sie, theuerster Herr Vater, als ein Lehrer der Religion und Sittlichkeit, kennen die Unverletzlichkeit beyder zu gut, als daß sie nicht wissen sollten, man könne einem Manne seine eheliche Gattin unter so nichtigen Vorwänden nicht vorenthalten. Sophie hat feyerlich vor Gottes Angesicht gelobt, die Gefährtin meines Lebens zu seyn. Sie wird diesem Schwur nicht abtrünnig werden wollen. Ich kann es nicht glauben, wofern sie selbst es mir nicht eigenhändig und förmlich erklärt. Ich betheure Ihnen von neuem, daß ich meiner Gattin mit der innigsten und zärtlichsten Liebe zugethan bin.
Was mich einstweilen beruhigt, ist, daß ich die allgemeine Achtung der Welt genieße, und daß der gute Ruf meines sittlichen Charakters sehr fest gegründet ist. Ich bin, theuerster Herr Vater, mit kindlicher Ehrerbietung
Ihr treu ergebner Sohn
A. W. von Schlegel
[3]
[4] An Herrn
Geh. Kirchenrath Paulus
[1] Bonn d. 30sten Nov 1818
Theuerster Herr Vater!
Auf Ihren Brief vom 22sten Nov., den ich erst gestern erhielt, bedarf es nur einer kurzen Antwort.
Wenige Stunden nach meiner Abreise, am Abend des 1sten Nov. schrieb mir Sophie:

„Liebster bester Wilhelm! Ich sitze jetzt ganz allein, und am nemlichen Tag allein, wo ich dich noch gesehen und gesprochen hatte. Glaube mir, ich war beym Abschied betrübter als ich aussah, denn gerade wenn mir igend etwas recht schwer fällt, lasse ich mir nichts merken. Dann, wenn ich allein bin, kommt die Betrübniß doppelt, wohl auch Thränen.
Sey von meiner festen Treue und Liebe überzeugt, lebe wohl und schreibe bald deiner Sophie.“

Es geht hieraus unwidersprechlich hervor, daß Sophie sich im Beysammenseyn mit mir glücklich gefühlt hatte, daß ihr der Abschied von mir sehr schmerzlich fiel, und daß sie damals nicht die mindeste Klage gegen mich hatte. Es ist also auch klar, daß alles was Sie in Ihrem Briefe gegen mich sagen, erst seit meiner Entfernung ersonnen worden ist.
Tausend Versicherungen ähnlicher Art hat mir [2] Sophie in Stuttgart und in Heidelberg bis zu dem letzten Tage mündlich gegeben. Was von den seitdem angewandten Bemühungen, uns einander zu entfremden, zu halten sey, überlasse ich Ihrem eignen Ermessen.
Sophie ist nach göttlichen und menschlichen Rechten die meinige. Sie, theuerster Herr Vater, als ein Lehrer der Religion und Sittlichkeit, kennen die Unverletzlichkeit beyder zu gut, als daß sie nicht wissen sollten, man könne einem Manne seine eheliche Gattin unter so nichtigen Vorwänden nicht vorenthalten. Sophie hat feyerlich vor Gottes Angesicht gelobt, die Gefährtin meines Lebens zu seyn. Sie wird diesem Schwur nicht abtrünnig werden wollen. Ich kann es nicht glauben, wofern sie selbst es mir nicht eigenhändig und förmlich erklärt. Ich betheure Ihnen von neuem, daß ich meiner Gattin mit der innigsten und zärtlichsten Liebe zugethan bin.
Was mich einstweilen beruhigt, ist, daß ich die allgemeine Achtung der Welt genieße, und daß der gute Ruf meines sittlichen Charakters sehr fest gegründet ist. Ich bin, theuerster Herr Vater, mit kindlicher Ehrerbietung
Ihr treu ergebner Sohn
A. W. von Schlegel
[3]
[4] An Herrn
Geh. Kirchenrath Paulus
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