• August Wilhelm von Schlegel to Henriette Finck von Finckenstein

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Baden (Niederösterreich) · Date: 27.08.1836
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Henriette Finck von Finckenstein
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Baden (Niederösterreich)
  • Date: 27.08.1836
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe. Hg. v. Edgar Lohner auf der Grundlage der von Henry Lüdeke besorgten Edition. München 1972, S. 214‒215.
  • Incipit: „[1] Bonn, den 27ten August 1836
    Gnädige Gräfin,
    Erlauben Sie mir Ihnen insbesondere meine Dankbarkeit auszudrücken, für die mir gewährte Hoffnung Sie in [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-37222
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.9,Nr.82
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20,5 x 12,8 cm
    Language
  • German
[1] Bonn, den 27ten August 1836
Gnädige Gräfin,
Erlauben Sie mir Ihnen insbesondere meine Dankbarkeit auszudrücken, für die mir gewährte Hoffnung Sie in meinem Hause bewillkommen zu dürfen. Bei Ihrem vorigen Besuche konnte ich dieses Glück nicht haben: die Zimmer waren nicht eingerichtet, auch hatte ich damals noch einen Hausgenossen.
Ich vergaß zu bemerken, daß außer den beiden für Sie bestimmten Zimmern noch ein drittes für Ihre Kammerjungfer bereit steht, und zwar dicht daneben. Tieck kennt seine Wohnung schon. Die Gesellschafts-Zimmer unten stehen ganz meinen Gästen zu Dienste.
Mit großem Leidwesen ersah ich aus dem Briefe vom 19ten August, daß mein Freund damals die Nachwehen des entsetzlichen Unfalls noch nicht ganz verschmerzt hatte, und Herr Löbell bestätigt mir dieß. Der Rücksicht auf seine Gesundheit muß bei der Einrichtung [2] der Reise jede andre nachstehen. Aber ich glaube, daß eine Woche in völliger Ruhe und bei besserer Pflege zugebracht, als man sie in Gasthöfen oder an einem überfüllten Badeorte finden kann, ihm recht heilsam seyn würde. Seine Einwendungen gegen meinen Plan, ganz zu Wasser hieher zu reisen, scheinen mir gar nicht triftig zu seyn. „Sein Wagen stehe zur Reparatur in Heidelberg“ – desto besser, so braucht er den Transport von Leopoldshafen bis Mannheim nicht zu bezahlen. Heidelberg liegt nur zwei Meilen weit von Mannheim, nichts ist also leichter als den Wagen dahin kommen zu lassen. Auf dem Dampfschiffe giebt es keine Stöße; die einzige anzurathende Vorsicht bei der jetzigen Jahreszeit ist sich doppelt warm zu kleiden. Ist die Witterung ungünstig so sitzt man in der Cajüte, und unser Freund scheut ja die eingeschloßne Luft nicht. Ich habe mich freilich auf offnem Meer immer auf dem Verdeck gehalten. Ich bleibe also bei meinem Vorschlage zur durchgängigen Wasserreise hieher, und sage mit Siegfried:
Die rechten Wasserstraßen sind mir wohl bekannt.
[3] „Er müsse seine Freunde in Heidelberg und Darmstadt besuchen.“ – über diese Nothwendigkeit muß er freilich selbst entscheiden. Ich kenne in diesen beiden Städten keinen Sterblichen, der mich nur eine halbe Stunde aufhalten könnte, wenn ich auf dem Wege zu Tieck wäre.
Bonn wird ziemlich leer seyn, wegen der Ferien, wegen des Luftlagers u.s.w. Desto besser! So können wir uns im kleinen Zirkel der vertraulichen Unterhaltung um so ruhiger erfreuen. Alles soll nach Ihren beiderseitigen Wünschen eingerichtet [werden].
Ich hätte nach Empfange des letzten Briefes sogleich wieder geschrieben, wenn nicht eine Unpäßlichkeit mich einige Tage im Bette gehalten hätte.
Sagen Sie dem edlen Freunde daß ich ihn in brüderlichem Herzen trage. Sein Brief ist mir unschätzbar, ich werde ihn wie ein Kleinod aufbewahren! Ich schreibe ihm nicht selbst, damit er sich nicht mit der Antwort abmühe. Ich bleibe unverrückt hier, und alles steht zum Empfange bereit.
Genehmigen Sie, gnädige Gräfin, die Versicherung meiner ehrerbietigsten Gesinnungen.
Gehorsamst
A W v Schlegel
[4]
[1] Bonn, den 27ten August 1836
Gnädige Gräfin,
Erlauben Sie mir Ihnen insbesondere meine Dankbarkeit auszudrücken, für die mir gewährte Hoffnung Sie in meinem Hause bewillkommen zu dürfen. Bei Ihrem vorigen Besuche konnte ich dieses Glück nicht haben: die Zimmer waren nicht eingerichtet, auch hatte ich damals noch einen Hausgenossen.
Ich vergaß zu bemerken, daß außer den beiden für Sie bestimmten Zimmern noch ein drittes für Ihre Kammerjungfer bereit steht, und zwar dicht daneben. Tieck kennt seine Wohnung schon. Die Gesellschafts-Zimmer unten stehen ganz meinen Gästen zu Dienste.
Mit großem Leidwesen ersah ich aus dem Briefe vom 19ten August, daß mein Freund damals die Nachwehen des entsetzlichen Unfalls noch nicht ganz verschmerzt hatte, und Herr Löbell bestätigt mir dieß. Der Rücksicht auf seine Gesundheit muß bei der Einrichtung [2] der Reise jede andre nachstehen. Aber ich glaube, daß eine Woche in völliger Ruhe und bei besserer Pflege zugebracht, als man sie in Gasthöfen oder an einem überfüllten Badeorte finden kann, ihm recht heilsam seyn würde. Seine Einwendungen gegen meinen Plan, ganz zu Wasser hieher zu reisen, scheinen mir gar nicht triftig zu seyn. „Sein Wagen stehe zur Reparatur in Heidelberg“ – desto besser, so braucht er den Transport von Leopoldshafen bis Mannheim nicht zu bezahlen. Heidelberg liegt nur zwei Meilen weit von Mannheim, nichts ist also leichter als den Wagen dahin kommen zu lassen. Auf dem Dampfschiffe giebt es keine Stöße; die einzige anzurathende Vorsicht bei der jetzigen Jahreszeit ist sich doppelt warm zu kleiden. Ist die Witterung ungünstig so sitzt man in der Cajüte, und unser Freund scheut ja die eingeschloßne Luft nicht. Ich habe mich freilich auf offnem Meer immer auf dem Verdeck gehalten. Ich bleibe also bei meinem Vorschlage zur durchgängigen Wasserreise hieher, und sage mit Siegfried:
Die rechten Wasserstraßen sind mir wohl bekannt.
[3] „Er müsse seine Freunde in Heidelberg und Darmstadt besuchen.“ – über diese Nothwendigkeit muß er freilich selbst entscheiden. Ich kenne in diesen beiden Städten keinen Sterblichen, der mich nur eine halbe Stunde aufhalten könnte, wenn ich auf dem Wege zu Tieck wäre.
Bonn wird ziemlich leer seyn, wegen der Ferien, wegen des Luftlagers u.s.w. Desto besser! So können wir uns im kleinen Zirkel der vertraulichen Unterhaltung um so ruhiger erfreuen. Alles soll nach Ihren beiderseitigen Wünschen eingerichtet [werden].
Ich hätte nach Empfange des letzten Briefes sogleich wieder geschrieben, wenn nicht eine Unpäßlichkeit mich einige Tage im Bette gehalten hätte.
Sagen Sie dem edlen Freunde daß ich ihn in brüderlichem Herzen trage. Sein Brief ist mir unschätzbar, ich werde ihn wie ein Kleinod aufbewahren! Ich schreibe ihm nicht selbst, damit er sich nicht mit der Antwort abmühe. Ich bleibe unverrückt hier, und alles steht zum Empfange bereit.
Genehmigen Sie, gnädige Gräfin, die Versicherung meiner ehrerbietigsten Gesinnungen.
Gehorsamst
A W v Schlegel
[4]
×
×