• Franz Karl Leopold von Seckendorf-Aberdar to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Weimar · Place of Destination: Coppet · Date: 07.11.1807
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Franz Karl Leopold von Seckendorf-Aberdar
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Weimar
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 07.11.1807
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 468‒470.
  • Incipit: „[1] Weimar, 7ten Nov. 1807.
    Kaum werden Sie sich meines Namens erinnern können, da wir uns nur wenig Augenblicke gesehen, und verschiedene, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-6
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,21,81
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23,2 x 18,8 cm
    Language
  • German
[1] Weimar, 7ten Nov. 1807.
Kaum werden Sie sich meines Namens erinnern können, da wir uns nur wenig Augenblicke gesehen, und verschiedene, für mich zum Theil verworrene Verhältnisse mir jede Hoffnung zu einer nähern Vereinigung vereitelt haben. Möge das, was ich Ihnen jezt mit Zutrauen zu eröffnen habe, diese Verbindung künftig begründen, möge besonders die Sage Grund haben, daß ich Sie diesen Winter in meinem jezigen Aufenthaltsorte, Wien, sehen werde.
Ich bin jezt dort durch literarische Verbindungen fixirt. Von Neujahr 1808 an, wird dort bei Geistinger, unter dem Titel: Prometheus regelmäsig jeden Monat eine Zeitschrift erscheinen, deren Redaktion dem Dr Stoll und mir anvertraut ist. Sie wird zunächst vom dortigen Theater ausgehn, sich ausschließend mit der ästhetischen Bildung des Menschen beschäftigen, sich in freien Ansichten über Poesie und bildende Kunst verbreiten, Geschichte und Filosofie befragen, in so fern beide in jenes Gebiet eingreifen. Durch strenges Stillschweigen über bürgerliche Verhältnisse in politischer und religiöser Hinsicht hoffen wir die Schranken der Zensur minder drückend zu empfinden, und durch eine strenge Opposition gegen alles Gemeine, Moderne, durch stetes Hinweisen auf das Ewig Wahre und Schöne [2] vielleicht eine künftige, intellektuelle Umformung in jenem Lande zu veranlassen. Der Vorsaz ist kühn, er wäre vermessen, dürften wir nicht auf Unterstüzung hoffen.
Der Direktor des Schauspiels, Graf Palfy nimmt sich des Vorhabens mit Wärme an, durch ihn läßt sich die Unterstüzung der ganzen Theaterdirektion – auch in pekuniärer Hinsicht – erwarten. Er selbst hat sich persönlich an Göthe gewandt, und im Allgemeinen alle, die mit uns in Verbindung zu treten geneigt sind, schriftlich eingeladen. Stoll und ich sind zu diesem Zwecke hieher gereist, und wir dürfen uns nunmehr der entschiedenen Theilname von Göthe, Fernow, Fr. Majer, Meyer, Falk, St. Schüz erfreuen. Göthe selbst hat die Einleitung zum ganzen Werke übernommen.
Von hier werden wir in wenig Tagen über Leipzig und Dresden zurückkehren.
Wir wünschen, wie ehemals bei den Horen, eine Gesellschaft zu vereinigen, die sich beim Entstehen einmal für allemal dem Publikum nenne, aber nicht jeden einzelnen Aufsaz unterzeichne, sondern etwa nur am Schlusse jeden Jahres. Doch bleibt dies billig der Willkühr jedes Mitarbeiters überlassen.
[3] Sein Sie einer der Unsern! Unser Vaterland ist politisch zerrissen, aber ein geistiges Band umschlingt auch die Getrennten, das Heiligste, Edelste, der alte, germanische Sinn und das Gemüt darf nicht untergehn. Auch wenn Ihre Abwesenheit noch fortdauern sollte, werden Sie uns ewig angehören – und ich hoffe zutrauensvoll auf Ihre Erlaubnis, Sie in unserm Kreise nennen zu dörfen. – Kommen Sie noch selbst nach Wien, so werden Sie den guten, aber rohen Boden schnell erkennen, indem viel durch Wort und That gewirkt werden muß, aber es ist die höchste Zeit, es mit Ernst anzugreifen.
Im Namen des Verlegers, HEn Geistingers, wage ich es, Ihnen für den Bogen 3 Karolins à 11 f. zu bieten, welche jedesmal Ende Junius baar bezahlt werden sollen – doch erwarte ich Ihre nähere Bedingungen, unter Couvert an HE. Buchhändler Kummer in Leipzig, mit dem Beisaz W.[iener] J.[ournal] Pr.[ometheus] auf dem Couvert, welche Adresse in der Folge für alle Briefe und Einsendungen gilt.
Sollte Ihr HE. Bruder in Ihrer Nähe sein, so bitte ich, ihm diesen Brief mitzutheilen, den ich ihn auch als Einladung [4] für ihn anzusehn bitte. Ich habe im vergangenen Jahre, als er noch bei Hardenberg unweit Würzburg sich aufhielt – zulezt an ihn geschrieben, weiß aber jezt seinen Aufenthalt nicht. Leider ist mein damaliger Wunsch, ihn auf eine bleibende Art an Südteutschland, namentlich an München zu fesseln, bis jezt nicht erfüllt worden. Ist er bei Ihnen, so begleitet er Sie vielleicht nach Wien.
Abgesondert vom Journal, aber in steter Verbindung und in einem Geiste, soll ein für die Lokalbedürfnisse Östreichs und besonders der Hauptstadt berechneter Anzeiger für Literatur, Kunst und Theater wöchentlich ausgegeben werden, der besonders für kürzere Aufsäze, Rezensionen, Notizen, geeignet ist, und mehr zu einem Vereinigungspunkt für jenes Reich dienen soll, wodurch alles Wissenswürdige schnell verbreitet werde, woran es bisher gefehlt hat. Übrigens erscheint er aber unter ganz verschiedenen Bedingungen.
Leben Sie wol, und erfreuen mich bald mit einer Antwort.
Leo v. Seckendorf
[1] Weimar, 7ten Nov. 1807.
Kaum werden Sie sich meines Namens erinnern können, da wir uns nur wenig Augenblicke gesehen, und verschiedene, für mich zum Theil verworrene Verhältnisse mir jede Hoffnung zu einer nähern Vereinigung vereitelt haben. Möge das, was ich Ihnen jezt mit Zutrauen zu eröffnen habe, diese Verbindung künftig begründen, möge besonders die Sage Grund haben, daß ich Sie diesen Winter in meinem jezigen Aufenthaltsorte, Wien, sehen werde.
Ich bin jezt dort durch literarische Verbindungen fixirt. Von Neujahr 1808 an, wird dort bei Geistinger, unter dem Titel: Prometheus regelmäsig jeden Monat eine Zeitschrift erscheinen, deren Redaktion dem Dr Stoll und mir anvertraut ist. Sie wird zunächst vom dortigen Theater ausgehn, sich ausschließend mit der ästhetischen Bildung des Menschen beschäftigen, sich in freien Ansichten über Poesie und bildende Kunst verbreiten, Geschichte und Filosofie befragen, in so fern beide in jenes Gebiet eingreifen. Durch strenges Stillschweigen über bürgerliche Verhältnisse in politischer und religiöser Hinsicht hoffen wir die Schranken der Zensur minder drückend zu empfinden, und durch eine strenge Opposition gegen alles Gemeine, Moderne, durch stetes Hinweisen auf das Ewig Wahre und Schöne [2] vielleicht eine künftige, intellektuelle Umformung in jenem Lande zu veranlassen. Der Vorsaz ist kühn, er wäre vermessen, dürften wir nicht auf Unterstüzung hoffen.
Der Direktor des Schauspiels, Graf Palfy nimmt sich des Vorhabens mit Wärme an, durch ihn läßt sich die Unterstüzung der ganzen Theaterdirektion – auch in pekuniärer Hinsicht – erwarten. Er selbst hat sich persönlich an Göthe gewandt, und im Allgemeinen alle, die mit uns in Verbindung zu treten geneigt sind, schriftlich eingeladen. Stoll und ich sind zu diesem Zwecke hieher gereist, und wir dürfen uns nunmehr der entschiedenen Theilname von Göthe, Fernow, Fr. Majer, Meyer, Falk, St. Schüz erfreuen. Göthe selbst hat die Einleitung zum ganzen Werke übernommen.
Von hier werden wir in wenig Tagen über Leipzig und Dresden zurückkehren.
Wir wünschen, wie ehemals bei den Horen, eine Gesellschaft zu vereinigen, die sich beim Entstehen einmal für allemal dem Publikum nenne, aber nicht jeden einzelnen Aufsaz unterzeichne, sondern etwa nur am Schlusse jeden Jahres. Doch bleibt dies billig der Willkühr jedes Mitarbeiters überlassen.
[3] Sein Sie einer der Unsern! Unser Vaterland ist politisch zerrissen, aber ein geistiges Band umschlingt auch die Getrennten, das Heiligste, Edelste, der alte, germanische Sinn und das Gemüt darf nicht untergehn. Auch wenn Ihre Abwesenheit noch fortdauern sollte, werden Sie uns ewig angehören – und ich hoffe zutrauensvoll auf Ihre Erlaubnis, Sie in unserm Kreise nennen zu dörfen. – Kommen Sie noch selbst nach Wien, so werden Sie den guten, aber rohen Boden schnell erkennen, indem viel durch Wort und That gewirkt werden muß, aber es ist die höchste Zeit, es mit Ernst anzugreifen.
Im Namen des Verlegers, HEn Geistingers, wage ich es, Ihnen für den Bogen 3 Karolins à 11 f. zu bieten, welche jedesmal Ende Junius baar bezahlt werden sollen – doch erwarte ich Ihre nähere Bedingungen, unter Couvert an HE. Buchhändler Kummer in Leipzig, mit dem Beisaz W.[iener] J.[ournal] Pr.[ometheus] auf dem Couvert, welche Adresse in der Folge für alle Briefe und Einsendungen gilt.
Sollte Ihr HE. Bruder in Ihrer Nähe sein, so bitte ich, ihm diesen Brief mitzutheilen, den ich ihn auch als Einladung [4] für ihn anzusehn bitte. Ich habe im vergangenen Jahre, als er noch bei Hardenberg unweit Würzburg sich aufhielt – zulezt an ihn geschrieben, weiß aber jezt seinen Aufenthalt nicht. Leider ist mein damaliger Wunsch, ihn auf eine bleibende Art an Südteutschland, namentlich an München zu fesseln, bis jezt nicht erfüllt worden. Ist er bei Ihnen, so begleitet er Sie vielleicht nach Wien.
Abgesondert vom Journal, aber in steter Verbindung und in einem Geiste, soll ein für die Lokalbedürfnisse Östreichs und besonders der Hauptstadt berechneter Anzeiger für Literatur, Kunst und Theater wöchentlich ausgegeben werden, der besonders für kürzere Aufsäze, Rezensionen, Notizen, geeignet ist, und mehr zu einem Vereinigungspunkt für jenes Reich dienen soll, wodurch alles Wissenswürdige schnell verbreitet werde, woran es bisher gefehlt hat. Übrigens erscheint er aber unter ganz verschiedenen Bedingungen.
Leben Sie wol, und erfreuen mich bald mit einer Antwort.
Leo v. Seckendorf
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