• August Wilhelm von Schlegel to Johannes Schulze

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Berlin · Date: 06.01.1821
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johannes Schulze
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 06.01.1821
  • Notations: Empfänger sowie Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Bonn, Universitäts- und Landesbibliothek
  • OAI Id: 1849611
  • Classification Number: Autographensammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn
  • Number of Pages: 1 e. Br. (3 S.)
  • Incipit: „[1] Paris d. 6ten Januar 1821
    Hochzuverehrender Herr Geheimerath!
    Ew. Hochwohlgebohren bitte ich die lange Verzögerung meiner Antwort auf Ihr verbindliches Schreiben [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
[1] Paris d. 6ten Januar 1821
Hochzuverehrender Herr Geheimerath!
Ew. Hochwohlgebohren bitte ich die lange Verzögerung meiner Antwort auf Ihr verbindliches Schreiben gütigst zu entschuldigen. Ich war die letzte Zeit vor meiner Abreise unendlich beschäftigt, theils wegen mancher Besorgungen, die sich in einem solchen Zeitpunkte zu häufen pflegen, theils weil ich das zweyte Heft meiner Indischen Bibliothek zuvor beendigen wollte. Als ich Bonn verließ, waren nur wenige Exemplare geheftet; ich ließ den Auftrag zurück, Ihnen baldigst eines in meinem Namen zuzusenden. Ich hoffe, es wird geschehen seyn, und ich würde mich glücklich schätzen, wenn es bey Ihnen eine eben so günstige Aufnahme gefunden hätte wie das erste.
Die in Berlin angefertigte Druckprobe von Devanagari-Schrift, welche Sie mich hoffen ließen, ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen. Mancherley kleine Hindernisse bey haben den Fortschritt derselben Arbeit hier verzogert: indessen sehe ich mich endlich im Stande, Sr. Excellenz, Hrn. Staatsminister von Altenstein den ersten noch unvollkommnen Versuch vorzulegen, begleitet von einem zweyten Gutachten über die Einrichtung einer Indischen Druckerey. Ich habe mich der Sache mit einer Art von Leidenschaft gewidmet, und seit einem Monate im eigentlichsten Verstande meine Tage in den Werkstätten des Schriftstechers und Schriftgießers zugebracht. Es würde mir unendlich erwünscht seyn, wenn die Vollendung der hier angefangenen Arbeiten genehmigt würde, und Ew. Hochwohlgebohren [2] würden mich durch Verwendung Ihres Einflusses hiefür, außerordentlich verbinden. Ich habe die Sache, wie ich hoffe, glücklich in Gang gesetzt, und wiewohl kaum der zehnte Theil der Arbeit wirklich ausgeführt ist, so habe ich doch schon die Hälfte der Mühe überstanden: denn das schwierigste ist immer, die Künstler über eine Sache, die ihnen ganz fremd ist, gehörig zu verständigen. Dieses alles würde ich in Deutschland von neuem anfangen müssen; die Verzögerung und Unterbrechung wissenschaftlicher Arbeiten nicht zu rechnen. Da ich ein Mittel zur Vereinfachung des Indischen Drucks ausgefunden zu haben glaube, von dessen Zweckmäßigkeit ich nur durch die Erfahrung mich versichern kann, so setze ich unterdessen meine Versuche fort auf meine eigne Hand fort; die Ergebnisse werden auf jeden Fall der Sache zu Statten kommen. Indessen wäre es mir sehr angenehm, die Entscheidung und ferneren Behelfe des Königl. Ministeriums bald zu erhalten.
Zum Gedeihen des Unternehmens ist typographische Eleganz nothwendig; nur dadurch können die in Deutschland gedruckten Ausgaben Indischer Schriften sich Absatz nach England und Indien verschaffen, und die Auslagen des Drucks gedeckt werden, auf die ich mich schon im Voraus gemacht gefaßt mache. Denn ich würde Bedenken tragen, die schon erprobte Freygebigkeit der Königl. Regierung irgend wieder in Anspruch zu nehmen, so lange ich mit meinen eignen Mitteln ausreichen kann. Ich könnte von den Indischen Studien sagen, wie Goethe vom Dichten, es sey ein lustiges Handwerk, aber theuer; seit ich hier bin, habe ich 800 Franken für neue Bücher ausgegeben.
Den misrathenen lithographischen Versuch von Hrn. Otmar Frank werden Ew. Hochwohlgeboren wohl gesehen haben. Mir [3] ist bey dem Anblick dieser unförmlichen Buchstaben ganz schlimm zu Muthe geworden, und ich habe geschwind ein Gebet an den Ganesa gerichtet, daß er mich vor gleichem Unglück bewahren möge. Wie dergleichen im Auslande beurtheilt wird, läßt sich leicht denken.
Es ist mir ungemein erfreulich zu hören, daß Hr. Wilken sich mit dem Sanskrit beschäftigt. Ich beneide ihm sein Persisch: dieß ist eine Lücke in meinen Sprachkenntnissen, die ich auszufüllen vielleicht niemals Muße finden werde.
Chezy hat mir eine Akademische Vorlesung für die Indische Bibliothek gegeben. Er ist immer kränklich, und kann nicht viel arbeiten. Freylich genießt der eigentliche Gelehrte hier auch wenig Aufmunterung, und man hat alle Gelegenheit sich Glück zu wünschen, daß man in Deutschland, und daß man im Preußischen Staate lebt.
Für das gütige Anerbieten des Wurzelwörterbuchs von Wilkins sage ich Ew. Hochwohlgebohren meinen besten Dank. Man hat sich endlich entschlossen, es in den Buchhandel zu geben, und ich besitze es nun selbst.
Ich bitte Sie, die Versicherungen der ausgezeichnetsten Hochachtung wohlwollend zu empfangen, womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Hochwohlgeb.
gehorsamster
AWv. Schlegel
[4] [leer]
[1] Paris d. 6ten Januar 1821
Hochzuverehrender Herr Geheimerath!
Ew. Hochwohlgebohren bitte ich die lange Verzögerung meiner Antwort auf Ihr verbindliches Schreiben gütigst zu entschuldigen. Ich war die letzte Zeit vor meiner Abreise unendlich beschäftigt, theils wegen mancher Besorgungen, die sich in einem solchen Zeitpunkte zu häufen pflegen, theils weil ich das zweyte Heft meiner Indischen Bibliothek zuvor beendigen wollte. Als ich Bonn verließ, waren nur wenige Exemplare geheftet; ich ließ den Auftrag zurück, Ihnen baldigst eines in meinem Namen zuzusenden. Ich hoffe, es wird geschehen seyn, und ich würde mich glücklich schätzen, wenn es bey Ihnen eine eben so günstige Aufnahme gefunden hätte wie das erste.
Die in Berlin angefertigte Druckprobe von Devanagari-Schrift, welche Sie mich hoffen ließen, ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen. Mancherley kleine Hindernisse bey haben den Fortschritt derselben Arbeit hier verzogert: indessen sehe ich mich endlich im Stande, Sr. Excellenz, Hrn. Staatsminister von Altenstein den ersten noch unvollkommnen Versuch vorzulegen, begleitet von einem zweyten Gutachten über die Einrichtung einer Indischen Druckerey. Ich habe mich der Sache mit einer Art von Leidenschaft gewidmet, und seit einem Monate im eigentlichsten Verstande meine Tage in den Werkstätten des Schriftstechers und Schriftgießers zugebracht. Es würde mir unendlich erwünscht seyn, wenn die Vollendung der hier angefangenen Arbeiten genehmigt würde, und Ew. Hochwohlgebohren [2] würden mich durch Verwendung Ihres Einflusses hiefür, außerordentlich verbinden. Ich habe die Sache, wie ich hoffe, glücklich in Gang gesetzt, und wiewohl kaum der zehnte Theil der Arbeit wirklich ausgeführt ist, so habe ich doch schon die Hälfte der Mühe überstanden: denn das schwierigste ist immer, die Künstler über eine Sache, die ihnen ganz fremd ist, gehörig zu verständigen. Dieses alles würde ich in Deutschland von neuem anfangen müssen; die Verzögerung und Unterbrechung wissenschaftlicher Arbeiten nicht zu rechnen. Da ich ein Mittel zur Vereinfachung des Indischen Drucks ausgefunden zu haben glaube, von dessen Zweckmäßigkeit ich nur durch die Erfahrung mich versichern kann, so setze ich unterdessen meine Versuche fort auf meine eigne Hand fort; die Ergebnisse werden auf jeden Fall der Sache zu Statten kommen. Indessen wäre es mir sehr angenehm, die Entscheidung und ferneren Behelfe des Königl. Ministeriums bald zu erhalten.
Zum Gedeihen des Unternehmens ist typographische Eleganz nothwendig; nur dadurch können die in Deutschland gedruckten Ausgaben Indischer Schriften sich Absatz nach England und Indien verschaffen, und die Auslagen des Drucks gedeckt werden, auf die ich mich schon im Voraus gemacht gefaßt mache. Denn ich würde Bedenken tragen, die schon erprobte Freygebigkeit der Königl. Regierung irgend wieder in Anspruch zu nehmen, so lange ich mit meinen eignen Mitteln ausreichen kann. Ich könnte von den Indischen Studien sagen, wie Goethe vom Dichten, es sey ein lustiges Handwerk, aber theuer; seit ich hier bin, habe ich 800 Franken für neue Bücher ausgegeben.
Den misrathenen lithographischen Versuch von Hrn. Otmar Frank werden Ew. Hochwohlgeboren wohl gesehen haben. Mir [3] ist bey dem Anblick dieser unförmlichen Buchstaben ganz schlimm zu Muthe geworden, und ich habe geschwind ein Gebet an den Ganesa gerichtet, daß er mich vor gleichem Unglück bewahren möge. Wie dergleichen im Auslande beurtheilt wird, läßt sich leicht denken.
Es ist mir ungemein erfreulich zu hören, daß Hr. Wilken sich mit dem Sanskrit beschäftigt. Ich beneide ihm sein Persisch: dieß ist eine Lücke in meinen Sprachkenntnissen, die ich auszufüllen vielleicht niemals Muße finden werde.
Chezy hat mir eine Akademische Vorlesung für die Indische Bibliothek gegeben. Er ist immer kränklich, und kann nicht viel arbeiten. Freylich genießt der eigentliche Gelehrte hier auch wenig Aufmunterung, und man hat alle Gelegenheit sich Glück zu wünschen, daß man in Deutschland, und daß man im Preußischen Staate lebt.
Für das gütige Anerbieten des Wurzelwörterbuchs von Wilkins sage ich Ew. Hochwohlgebohren meinen besten Dank. Man hat sich endlich entschlossen, es in den Buchhandel zu geben, und ich besitze es nun selbst.
Ich bitte Sie, die Versicherungen der ausgezeichnetsten Hochachtung wohlwollend zu empfangen, womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Hochwohlgeb.
gehorsamster
AWv. Schlegel
[4] [leer]
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