• Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Unknown · Date: 20.04.1801
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 20.04.1801
    Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Historisch-kritische Ausgabe. Hg. v. Thomas Buchheim, Jochen Hennigfeld, Wilhelm G. Jacobs, Jörg Jantzen u. Siegbert Peetz. Stuttgart 1976ff. Reihe III: Briefe 2,1: Briefwechsel 1800–1802. Hg. v. Thomas Kisser unter Mitwirkung von Walter Schieche und Alois Wieshuber. Stuttgart 2010, S.338–340.
  • Incipit: „[1] Jena den 20. Apr. 01.
    Ihr Schreiben hat mir ein inniges Vergnügen gemacht, sowohl an sich, als durch die Nachrichten, die [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36872
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.20,Nr.8
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23,5 x 18,5 cm
    Language
  • German
[1] Jena den 20. Apr. 01.
Ihr Schreiben hat mir ein inniges Vergnügen gemacht, sowohl an sich, als durch die Nachrichten, die es von Ihren Beschäftigungen und neuen Hervorbringungen enthält. So oft ich höre, daß Sie wieder etwas producirt haben, wünsche ich vorerst mir, und dann auch der Welt Glük, die doch endlich einmal, so scheint es, Hofnung hat, die Poësie als ein daurendes Gut betrachten zu dürfen. Ich wünschte Ihnen von poëtischen Versuchen die ich gemacht etwas mehr melden zu können, als ich mit Wahrheit im Stande bin. Ich habe eine Reihe von Elegien gedichtet, die sich nicht zum Druk qualificirt, wovon ich aber doch die Eine oder andre ˹vielleicht˺ auslesen werde, wenn es mir noch so gut wird, Zeit dazu zu finden. Dieß bloß für Sie. Etwas Größeres habe ich unternommen – aber es fehlt [2] zur Ausführung fast alles – mit Einem Wort, ich kann Ihnen hierüber nichts melden, das sich der Mühe verlohnte. Unzähligemal habe ich mir Ihren Rath, und Belehrung besonders über das Geheimniß des wahren Hexameters gewünscht, dem ich auf alle Weise beizukommen suche. Wenn Sie das unbedeutende Lied (deßen Aufschrift sich nicht sowohl auf das Lied selbst, als die Zeit in der es entworfen wurde bezieht) des Druks werth halten, so ändern Sie, wie es Ihnen beliebt. Gerne möchte ich für einige Stellen des Pfarrers Ihre helfende und beßernde Hand erbitten. Wollten Sie diesem Gedicht, dem Sie gleich anfangs einiges Interesse geschenkt haben, es so weit schenken, um besonders am Anfang, z. B. in der Stelle –
[3] Schwarz wie die Nacht und ihre dunkeln Mächte –
u.a. einige Verbeßerungen zu machen, so billige ich sie zum voraus, und unterschreibe sie. Ich selbst habe jezt weder eine Abschrift, noch auch Muße, um nochmals Hand daran zu legen. – Sie verlangen wenigstens einen fingirten Namen. – Nennen Sie mich Venturus, denn das bin ich ja, und ich will meinen Namen lieber hinter dieser bescheidnen Chiffer verbergen, als auf eine unbescheidne Art ihn neben so entschiednen Namen nennen, als dieses Taschenbuch zieren werden. – Wie sehr die Poësie ansteke, hat mir in den lezten Tagen unser Freund Röschlaub bewiesen, indem er mich mit ein Paar Distichen auf Reinhold überraschte, die ich Ihnen zusenden würde, wenn ich sie eben bei der Hand hätte, und von denen er erlaubt, Gebrauch (mit seinem Namen) zu machen. Der Merkwürdigkeit halber dürften sie immer in dem Taschenbuch stehen. – Die Rec. der Ehrenpforte war wenigstens [4] dazu gut, sie an einigen Orten bekannt zu machen, und eine Menge Platt[hörer] zu ärgern. Mehmel würde es wohl verdienen, daß Sie ihn mit einigen Rec[~] beschenkten. – Melden Sie Fichte’n meinen Gruß, nebst der Entschuldigung meines langen Stillschweigens. Ich habe ihm auf seinen ˹so˺ interessanten Brief eben darum nicht geantwortet, weil er mir so interessant war. Wissenschaftliche Arbeiten, fast bestændige Kränklichkeit ließen mir ˹den Winter durch˺ wenig Zeit zu Briefen, welche mit besondrem Nachdenken geschrieben seyn wollen. Es erscheint diese Messe in dem neuesten Heft meiner Zeitschrift der erste Theil einer Darstellung meines Systems der Philos. Sie ist in dem Sinne geschrieben, von dem ich Ihnen vorigen Sommer einigemale sprach, und ich erbitte Sie mir hiemit zum ˹voraus zum˺ Leser.
Auf Tieks Anwesenheit freue ich mich sehr; ich hoffe wirklich viel [5] mit ihm zu verkehren, und habe manches, das ich ihm gerne mittheilen, und worüber ich seine Meinung hören möchte.
Caroline hofft in wenigen Tagen, nämlich den 24ten hier zu seyn. Sie werden sich selbst denken, wie sehr ich mich freue, sie endlich wiederzusehen.
Ich bitte Sie, mich in gutem Andenken zu behalten. Auf jeden Fall hoffe ich Sie diesen Sommer bald zu sehen, und verbleibe indeß mit aufrichtiger Gesinnung
der Ihrige
Schelling.
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[1] Jena den 20. Apr. 01.
Ihr Schreiben hat mir ein inniges Vergnügen gemacht, sowohl an sich, als durch die Nachrichten, die es von Ihren Beschäftigungen und neuen Hervorbringungen enthält. So oft ich höre, daß Sie wieder etwas producirt haben, wünsche ich vorerst mir, und dann auch der Welt Glük, die doch endlich einmal, so scheint es, Hofnung hat, die Poësie als ein daurendes Gut betrachten zu dürfen. Ich wünschte Ihnen von poëtischen Versuchen die ich gemacht etwas mehr melden zu können, als ich mit Wahrheit im Stande bin. Ich habe eine Reihe von Elegien gedichtet, die sich nicht zum Druk qualificirt, wovon ich aber doch die Eine oder andre ˹vielleicht˺ auslesen werde, wenn es mir noch so gut wird, Zeit dazu zu finden. Dieß bloß für Sie. Etwas Größeres habe ich unternommen – aber es fehlt [2] zur Ausführung fast alles – mit Einem Wort, ich kann Ihnen hierüber nichts melden, das sich der Mühe verlohnte. Unzähligemal habe ich mir Ihren Rath, und Belehrung besonders über das Geheimniß des wahren Hexameters gewünscht, dem ich auf alle Weise beizukommen suche. Wenn Sie das unbedeutende Lied (deßen Aufschrift sich nicht sowohl auf das Lied selbst, als die Zeit in der es entworfen wurde bezieht) des Druks werth halten, so ändern Sie, wie es Ihnen beliebt. Gerne möchte ich für einige Stellen des Pfarrers Ihre helfende und beßernde Hand erbitten. Wollten Sie diesem Gedicht, dem Sie gleich anfangs einiges Interesse geschenkt haben, es so weit schenken, um besonders am Anfang, z. B. in der Stelle –
[3] Schwarz wie die Nacht und ihre dunkeln Mächte –
u.a. einige Verbeßerungen zu machen, so billige ich sie zum voraus, und unterschreibe sie. Ich selbst habe jezt weder eine Abschrift, noch auch Muße, um nochmals Hand daran zu legen. – Sie verlangen wenigstens einen fingirten Namen. – Nennen Sie mich Venturus, denn das bin ich ja, und ich will meinen Namen lieber hinter dieser bescheidnen Chiffer verbergen, als auf eine unbescheidne Art ihn neben so entschiednen Namen nennen, als dieses Taschenbuch zieren werden. – Wie sehr die Poësie ansteke, hat mir in den lezten Tagen unser Freund Röschlaub bewiesen, indem er mich mit ein Paar Distichen auf Reinhold überraschte, die ich Ihnen zusenden würde, wenn ich sie eben bei der Hand hätte, und von denen er erlaubt, Gebrauch (mit seinem Namen) zu machen. Der Merkwürdigkeit halber dürften sie immer in dem Taschenbuch stehen. – Die Rec. der Ehrenpforte war wenigstens [4] dazu gut, sie an einigen Orten bekannt zu machen, und eine Menge Platt[hörer] zu ärgern. Mehmel würde es wohl verdienen, daß Sie ihn mit einigen Rec[~] beschenkten. – Melden Sie Fichte’n meinen Gruß, nebst der Entschuldigung meines langen Stillschweigens. Ich habe ihm auf seinen ˹so˺ interessanten Brief eben darum nicht geantwortet, weil er mir so interessant war. Wissenschaftliche Arbeiten, fast bestændige Kränklichkeit ließen mir ˹den Winter durch˺ wenig Zeit zu Briefen, welche mit besondrem Nachdenken geschrieben seyn wollen. Es erscheint diese Messe in dem neuesten Heft meiner Zeitschrift der erste Theil einer Darstellung meines Systems der Philos. Sie ist in dem Sinne geschrieben, von dem ich Ihnen vorigen Sommer einigemale sprach, und ich erbitte Sie mir hiemit zum ˹voraus zum˺ Leser.
Auf Tieks Anwesenheit freue ich mich sehr; ich hoffe wirklich viel [5] mit ihm zu verkehren, und habe manches, das ich ihm gerne mittheilen, und worüber ich seine Meinung hören möchte.
Caroline hofft in wenigen Tagen, nämlich den 24ten hier zu seyn. Sie werden sich selbst denken, wie sehr ich mich freue, sie endlich wiederzusehen.
Ich bitte Sie, mich in gutem Andenken zu behalten. Auf jeden Fall hoffe ich Sie diesen Sommer bald zu sehen, und verbleibe indeß mit aufrichtiger Gesinnung
der Ihrige
Schelling.
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