• August Wilhelm von Schlegel to Johann Diederich Gries

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Heidelberg · Date: 16.03.1800
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johann Diederich Gries
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Heidelberg
  • Date: 16.03.1800
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 106‒108.
  • Incipit: „[1] Jena d. 16 Merz 1800
    Werthester Freund
    Sie werden mich gewiß für einen unverbesserlich trägen und wortbrüchigen Correspondenten halten, weil ich auf [...]“
    Manuscript
  • Provider: Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek
  • Classification Number: SUB Hamburg : CS 4 : Schlegel AW : 10‒12
  • Number of Pages: 2 S. auf Doppelbl. u. 3 S., hs. m. U.
    Language
  • German
[1] Jena d. 16 Merz 1800
Werthester Freund
Sie werden mich gewiß für einen unverbesserlich trägen und wortbrüchigen Correspondenten halten, weil ich auf Ihre schöne Sendung von Büchern nicht sogleich geantwortet habe. Indessen muß ich zu meiner Entschuldigung anführen, daß das Packet wirklich lange unterwegs gewesen ist, und wir es erst vor einigen Wochen erhalten haben. Dann bin ich diese letzte Zeit her in der sonderbaren Lage gewesen, unmittelbar von der Hand in die Presse zu dichten. Ich hatte einige projectirte Gedichte, die noch in meine Sammlung kommen sollten, bis zur Beendigung des zweyten Theils von Heinrich dem vierten aufgeschoben, und nun war mir der Druck dicht an die Fersen gekommen.
Caroline hätte ihnen auch schon früher geschrieben, allein sie ist seit drittehalb Wochen krank, und zwar noch immerfort bettlägrig. Das Übel fing sich mit einem heftigen Flußfieber an, das in ein Nervenfieber überging, und uns recht viele Besorgnisse machte. Jetzt scheint die eigentliche Krankheit gehoben zu seyn, und sie wäre seit gestern recht leidlich, wenn nicht eine Entzündung am Beine, die ein Senfpflaster nachgelassen, und die durch Versehen bey den dagegen gebrauchten Mitteln noch schlimmer geworden [2] ihr große Schmerzen verursachte. Ich hoffe, daß diese sich bald lindern werden, und daß ich Ihnen überhaupt in kurzem die Nachricht von ihrer völligen Wiederherstellung werde geben können. – Die Ärzte haben sich gleichsam zur brownschen Methode bequemt was gute Wirkung gethan zu haben scheint.
Dieß ist überhaupt ein sehr krankheitsschwangrer Winter. Unser Freund Tieck leidet noch immer an seiner Gicht; er kommt zwar zu uns, aber nicht ohne von mir oder meinem Bruder geführt zu werden. – Schiller hat die gefährlichsten Krampfzufälle gehabt, die Ärzte hatten ihn schon völlig aufgegeben, er wünscht sie möchten nur noch einige Tage ihn am Leben erhalten, damit er seine Geschäfte in Ordnung bringen könnte, sie geben also Reiz- und Stärkungsmittel, und sieh da, er bleibt glücklich am Leben, und ist jetzt völlig gesund wieder. – Man muß sich dieses Mittel sein Leben zu fristen für ähnliche Fälle merken.
Madame Hufeland ist auch gar nicht gesund, es hat sich entdeckt daß sie einen Bandwurm hat, und die dagegen gebrauchte Kur hat sie so angegriffen, daß damit hat inne gehalten werden müssen. Der Arzt giebt Hoffnung der Bandwurm sey schon weg, es ist aber [3] wohl nicht glaublich. – Wir sehen uns übrigens mit dem Hufelandschen Hause immer nicht.
Der Doctor Eckard ist gestern an einem Nervenfieber gestorben. Ein wahrer Verlust für Jena.
Dieß sind die medizinischen Neuigkeiten, die immer nicht tröstlich klingen können. Nun von etwas anderm und lustigerem.
Ihr Gedicht an Augusten haben wir alle so wie auch Tieck sehr graziös und witzig gefunden. Sie sollten im Ernst darauf denken im Scherz zu dichten, es gelingt Ihnen immer vorzüglich gut, und Sie haben Ihr Talent in diesem Fache bisher nur immer gesellschaftlichen Scherzen gewidmet.
Die Nachricht vom Druck Ihrer Übersetzung des Tasso überraschte mich. Ich kann wohl begreifen, daß Sie Gründe haben, sie jetzt erscheinen zu lassen: sonst, däucht mich, hätte es einen imposanteren Eindruck gemacht, wenn Sie bis zur Vollendung des ganzen gewartet hätten. Man hat keinen rechten Glauben an diese, weil verschiedne versifizirte Übersetzungen, zum Beyspiel vom Ariost, ins Stocken gerathen sind. Daß das nur ja bey der Ihrigen nicht geschieht.
Ich will die Versäumniß durch einigen [4] Wucher wieder gut zu machen suchen, und schicke Ihnen daher außer der versprochnen Parodie ein Italiänisches Sonett auf Bonaparte, das schon vor einiger Zeit gemacht, aber so viel ich weiß, Ihnen noch nicht mitgetheilt ist; wo möglich auch die Aushängebogen von meinen Gedichten, so weit sie da sind. Kann ich diese nicht mit schicken, so erhalten Sie gewiß in 14 Tagen ein vollständiges Exemplar. Es wird Ihnen noch manches darin neu seyn.
Es erfolgen hiebey zurück Gracian T. II, Galatea, und Lazarillo, als die letzten Bücher, die wir noch von dem meinem Bruder und Tieck nach Berlin geschickten Packet hatten. Die neulich erhaltnen, so wie einige andre, die ich noch von der vorhergehenden Sendung habe, schicken wir nächstens. Ich glaube fast, daß Fiorillo sich zu viel Skrupel gemacht, wenn er Heynen von den letzthin geschickten Büchern nichts sagen wollte, weil jene noch nicht zurück wären. Ich hatte ja gebeten, sie mir anzuschreiben, und wenn sie erst zurückgeschickt wären, und ich hätte nachher wieder darum gebeten, so würde man sie mir gewiß nicht verweigert haben. Übrigens grüßen Sie Fiorillo herzlich, ich schreibe ihm nächstens. – Sie haben sich sowohl durch die Besorgung des Packets, als durch die Nachricht von den vorhandnen Büchern in dem Fache ein sehr großes Verdienst um uns erworben, wofür wir Ihnen sehr dankbar sind. Leben Sie recht wohl. Ganz Ihr
A. W. Schlegel
[5] Sie sind wohl so gut den inliegenden Brief von meinem Bruder nebst den Büchern an Hofrath Heyne zu besorgen?
Sie erhalten hier die Aushängebogen von meinen Gedichten, am frühesten von allen Sterblichen. Es fehlen nun noch drey Bogen die nächstens nachfolgen sollen.
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[1] Jena d. 16 Merz 1800
Werthester Freund
Sie werden mich gewiß für einen unverbesserlich trägen und wortbrüchigen Correspondenten halten, weil ich auf Ihre schöne Sendung von Büchern nicht sogleich geantwortet habe. Indessen muß ich zu meiner Entschuldigung anführen, daß das Packet wirklich lange unterwegs gewesen ist, und wir es erst vor einigen Wochen erhalten haben. Dann bin ich diese letzte Zeit her in der sonderbaren Lage gewesen, unmittelbar von der Hand in die Presse zu dichten. Ich hatte einige projectirte Gedichte, die noch in meine Sammlung kommen sollten, bis zur Beendigung des zweyten Theils von Heinrich dem vierten aufgeschoben, und nun war mir der Druck dicht an die Fersen gekommen.
Caroline hätte ihnen auch schon früher geschrieben, allein sie ist seit drittehalb Wochen krank, und zwar noch immerfort bettlägrig. Das Übel fing sich mit einem heftigen Flußfieber an, das in ein Nervenfieber überging, und uns recht viele Besorgnisse machte. Jetzt scheint die eigentliche Krankheit gehoben zu seyn, und sie wäre seit gestern recht leidlich, wenn nicht eine Entzündung am Beine, die ein Senfpflaster nachgelassen, und die durch Versehen bey den dagegen gebrauchten Mitteln noch schlimmer geworden [2] ihr große Schmerzen verursachte. Ich hoffe, daß diese sich bald lindern werden, und daß ich Ihnen überhaupt in kurzem die Nachricht von ihrer völligen Wiederherstellung werde geben können. – Die Ärzte haben sich gleichsam zur brownschen Methode bequemt was gute Wirkung gethan zu haben scheint.
Dieß ist überhaupt ein sehr krankheitsschwangrer Winter. Unser Freund Tieck leidet noch immer an seiner Gicht; er kommt zwar zu uns, aber nicht ohne von mir oder meinem Bruder geführt zu werden. – Schiller hat die gefährlichsten Krampfzufälle gehabt, die Ärzte hatten ihn schon völlig aufgegeben, er wünscht sie möchten nur noch einige Tage ihn am Leben erhalten, damit er seine Geschäfte in Ordnung bringen könnte, sie geben also Reiz- und Stärkungsmittel, und sieh da, er bleibt glücklich am Leben, und ist jetzt völlig gesund wieder. – Man muß sich dieses Mittel sein Leben zu fristen für ähnliche Fälle merken.
Madame Hufeland ist auch gar nicht gesund, es hat sich entdeckt daß sie einen Bandwurm hat, und die dagegen gebrauchte Kur hat sie so angegriffen, daß damit hat inne gehalten werden müssen. Der Arzt giebt Hoffnung der Bandwurm sey schon weg, es ist aber [3] wohl nicht glaublich. – Wir sehen uns übrigens mit dem Hufelandschen Hause immer nicht.
Der Doctor Eckard ist gestern an einem Nervenfieber gestorben. Ein wahrer Verlust für Jena.
Dieß sind die medizinischen Neuigkeiten, die immer nicht tröstlich klingen können. Nun von etwas anderm und lustigerem.
Ihr Gedicht an Augusten haben wir alle so wie auch Tieck sehr graziös und witzig gefunden. Sie sollten im Ernst darauf denken im Scherz zu dichten, es gelingt Ihnen immer vorzüglich gut, und Sie haben Ihr Talent in diesem Fache bisher nur immer gesellschaftlichen Scherzen gewidmet.
Die Nachricht vom Druck Ihrer Übersetzung des Tasso überraschte mich. Ich kann wohl begreifen, daß Sie Gründe haben, sie jetzt erscheinen zu lassen: sonst, däucht mich, hätte es einen imposanteren Eindruck gemacht, wenn Sie bis zur Vollendung des ganzen gewartet hätten. Man hat keinen rechten Glauben an diese, weil verschiedne versifizirte Übersetzungen, zum Beyspiel vom Ariost, ins Stocken gerathen sind. Daß das nur ja bey der Ihrigen nicht geschieht.
Ich will die Versäumniß durch einigen [4] Wucher wieder gut zu machen suchen, und schicke Ihnen daher außer der versprochnen Parodie ein Italiänisches Sonett auf Bonaparte, das schon vor einiger Zeit gemacht, aber so viel ich weiß, Ihnen noch nicht mitgetheilt ist; wo möglich auch die Aushängebogen von meinen Gedichten, so weit sie da sind. Kann ich diese nicht mit schicken, so erhalten Sie gewiß in 14 Tagen ein vollständiges Exemplar. Es wird Ihnen noch manches darin neu seyn.
Es erfolgen hiebey zurück Gracian T. II, Galatea, und Lazarillo, als die letzten Bücher, die wir noch von dem meinem Bruder und Tieck nach Berlin geschickten Packet hatten. Die neulich erhaltnen, so wie einige andre, die ich noch von der vorhergehenden Sendung habe, schicken wir nächstens. Ich glaube fast, daß Fiorillo sich zu viel Skrupel gemacht, wenn er Heynen von den letzthin geschickten Büchern nichts sagen wollte, weil jene noch nicht zurück wären. Ich hatte ja gebeten, sie mir anzuschreiben, und wenn sie erst zurückgeschickt wären, und ich hätte nachher wieder darum gebeten, so würde man sie mir gewiß nicht verweigert haben. Übrigens grüßen Sie Fiorillo herzlich, ich schreibe ihm nächstens. – Sie haben sich sowohl durch die Besorgung des Packets, als durch die Nachricht von den vorhandnen Büchern in dem Fache ein sehr großes Verdienst um uns erworben, wofür wir Ihnen sehr dankbar sind. Leben Sie recht wohl. Ganz Ihr
A. W. Schlegel
[5] Sie sind wohl so gut den inliegenden Brief von meinem Bruder nebst den Büchern an Hofrath Heyne zu besorgen?
Sie erhalten hier die Aushängebogen von meinen Gedichten, am frühesten von allen Sterblichen. Es fehlen nun noch drey Bogen die nächstens nachfolgen sollen.
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· Beilage , 16.03.1800
· SUB Hamburg : CS 4 : Schlegel AW : 10‒12
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