• Sophie Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Rom · Place of Destination: Coppet · Date: 5. Oktober [1805]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Rom
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 5. Oktober [1805]
  • Notations: Datum (Jahr) erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 236‒238.
  • Incipit: „[1] Rom den 5ten October [1805]
    Ich habe Ihren Brief liebster Freund erhalten und er hatt mich von der Unruhe befreit die [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,15,42
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. Paraphe
  • Format: 17,7 x 10,9 cm
    Language
  • German
[1] Rom den 5ten October [1805]
Ich habe Ihren Brief liebster Freund erhalten und er hatt mich von der Unruhe befreit die mich gar zu leicht befält daß meine Freunde meiner in der Ferne vergessen. Ich danke Ihnen für alles daß was Sie gethan es kann mir nicht gleichgültig sein daß grade jezt mein Nahme ehrenvoll in Deutschland genant wird da Bernhardi alles thut um ihn zu beschimpfen. Ich habe jezt lange nichts gearbeitet da ich, ich weiß nicht wodurch, in eine solche Schwermuht verfallen bin aus der ich mich noch nicht aufraffen kann. Sonst steht alles gut, ich habe die Erlaubniß auf meine Bitschrift erhalten und Bernhardi muß nur wen[n] er etwaß von mir will auf dem gewöhnlichen Wege rechtens verfahren wo ich mich schon verteidigen will und wo es mir auch an Schutz nicht fehlen wird, weil H. v. Humboldt nun nicht gezwungen werden kann gegen mich zu verfahren wie ohne diese königliche Erlaubniß hätte geschehen können. Hufeland hatt sich also wie immer als ein [2] redlicher Freund gezeigt und ich danke Ihnen noch einmal daß Sie ihm geschrieben haben. Eine rechte Freude haben Sie liebster Freund uns allen gemacht daß Ihr Gedicht beendigt ist und sie den Schakespear und Calderon noch auf Ostern versprechen. Wir haben jezt alle von Ihnen übersezten Stücke gelesen und ein recht neues heisses Verlangen nach der Fortsetzung bekommen. Es ist grausam sie zu ermahnen da Sie von selbst so eifrig an alle Ihre Arbeiten denken, aber bedenken Sie auch welche Freude Sie dem ganzen vernünftigen Deutschland damit machen. Waß Egidio und Isabella anbetrift so bitte ich Sie mein Geliebter es an Voigt nach Weimar mit einem Brief nach Ihrem besten Gewissen zu schiken, ich kann nicht läugnen ich wünsche aus vielen Gründen daß es gedruckt wird. Mein Bruder Ludwig läßt Sie tausendmal grüssen, er wirde selbst schreiben aber seine Hände und Füsse sind noch immer lahm; waß seinen Almanach anbetrift so besteht der bis jezt nur noch in der Idee, da aber der Buchhändler Dietrich in Göttingen so sehr einen von ihm zu verlegen wünscht so wird [3] er warscheinlich im künftigen Jahr erscheinen und mein Bruder bittet Sie dan sehr ihm Beiträge zu gönnen. Flore und Blantscheflur werde ich Ihnen liebster Freund senden sobald es durchgegangen ist welches ich nur jezt in meiner melankolischen Stimmung nicht gethan habe, ich hoffe es wird Ihnen gefallen, ja ich könte ganz niedergeschlagen sein wen[n] es nicht wäre. Von meinem Bruder Friedrich schreibe ich nichts weil der selbst schreiben wird. Die Kinder sind sehr wohl und wachsen beinahe sichtlich, sie reden schon viel Italiänisch und studiren auf ihre Art. Wilhelm kann beinahe lesen, Felix aber hatt es erst bis zum abc gebracht. Sie bitten Sie mein liebster Freund doch ja recht bald wiederzukommen, sie wolten auch noch viel bis dahin lernen, wie gerne möchte ich meine Bitten mit den ihrigen vereinigen. Und doch wieder ist jede Entfernung nur so scheinbar, es verknüpfen sich die ungesehenen Gedanken und jedes Werck eines Freundes ist wie der Freund selbst der kömt und uns besucht, an dessen Gegenwart wir uns freuen, und so haben alle Gedichte für mich mehr als eine [4] Bedeutung. Es thut mir wehe mein liebster Freund daß wir Ihr Gedicht über Rom so spät erhalten, suchen Sie uns doch auch Ihres Bruders Almanach zu schiken. Ich will recht in meinen Kindern Freunden und Gedichten leben und alles zu vergessen suchen waß die Welt mir Böses gethan hatt und noch thut. Bernhardi hatt die Niederträchtigkeit gehabt an Knorrings Vater zu schreiben und hofft wohl daß dieser gezwungen sein soll von Rom wegzugehen und sieht gar nicht ein daß er selbst die Verbindung für einen Mann von Ehre unauflöslich fest knüpft daß wen[n] er sucht mich auf das äusserste zu beschimpfen der nicht durch seine Handlungen ihm beistimmen kann sondern ein ehrenvolles Verhältniß auch ehrenvoll behaupten muß. Schreiben Sie mir doch ob Foquet noch mit ihm umgeht und grüssen Sie den von mir. Ich hoffe Ihnen nächstens heiterer zu schreiben, leben Sie wohl und glücklich. Knorring grüßt Sie tausendmal, vergessen Sie nicht Egidio abzusenden und vor allen Diengen vergessen Sie mich nicht und leben Sie glücklig.
Ihre
S[ophie] T[ieck]
[1] Rom den 5ten October [1805]
Ich habe Ihren Brief liebster Freund erhalten und er hatt mich von der Unruhe befreit die mich gar zu leicht befält daß meine Freunde meiner in der Ferne vergessen. Ich danke Ihnen für alles daß was Sie gethan es kann mir nicht gleichgültig sein daß grade jezt mein Nahme ehrenvoll in Deutschland genant wird da Bernhardi alles thut um ihn zu beschimpfen. Ich habe jezt lange nichts gearbeitet da ich, ich weiß nicht wodurch, in eine solche Schwermuht verfallen bin aus der ich mich noch nicht aufraffen kann. Sonst steht alles gut, ich habe die Erlaubniß auf meine Bitschrift erhalten und Bernhardi muß nur wen[n] er etwaß von mir will auf dem gewöhnlichen Wege rechtens verfahren wo ich mich schon verteidigen will und wo es mir auch an Schutz nicht fehlen wird, weil H. v. Humboldt nun nicht gezwungen werden kann gegen mich zu verfahren wie ohne diese königliche Erlaubniß hätte geschehen können. Hufeland hatt sich also wie immer als ein [2] redlicher Freund gezeigt und ich danke Ihnen noch einmal daß Sie ihm geschrieben haben. Eine rechte Freude haben Sie liebster Freund uns allen gemacht daß Ihr Gedicht beendigt ist und sie den Schakespear und Calderon noch auf Ostern versprechen. Wir haben jezt alle von Ihnen übersezten Stücke gelesen und ein recht neues heisses Verlangen nach der Fortsetzung bekommen. Es ist grausam sie zu ermahnen da Sie von selbst so eifrig an alle Ihre Arbeiten denken, aber bedenken Sie auch welche Freude Sie dem ganzen vernünftigen Deutschland damit machen. Waß Egidio und Isabella anbetrift so bitte ich Sie mein Geliebter es an Voigt nach Weimar mit einem Brief nach Ihrem besten Gewissen zu schiken, ich kann nicht läugnen ich wünsche aus vielen Gründen daß es gedruckt wird. Mein Bruder Ludwig läßt Sie tausendmal grüssen, er wirde selbst schreiben aber seine Hände und Füsse sind noch immer lahm; waß seinen Almanach anbetrift so besteht der bis jezt nur noch in der Idee, da aber der Buchhändler Dietrich in Göttingen so sehr einen von ihm zu verlegen wünscht so wird [3] er warscheinlich im künftigen Jahr erscheinen und mein Bruder bittet Sie dan sehr ihm Beiträge zu gönnen. Flore und Blantscheflur werde ich Ihnen liebster Freund senden sobald es durchgegangen ist welches ich nur jezt in meiner melankolischen Stimmung nicht gethan habe, ich hoffe es wird Ihnen gefallen, ja ich könte ganz niedergeschlagen sein wen[n] es nicht wäre. Von meinem Bruder Friedrich schreibe ich nichts weil der selbst schreiben wird. Die Kinder sind sehr wohl und wachsen beinahe sichtlich, sie reden schon viel Italiänisch und studiren auf ihre Art. Wilhelm kann beinahe lesen, Felix aber hatt es erst bis zum abc gebracht. Sie bitten Sie mein liebster Freund doch ja recht bald wiederzukommen, sie wolten auch noch viel bis dahin lernen, wie gerne möchte ich meine Bitten mit den ihrigen vereinigen. Und doch wieder ist jede Entfernung nur so scheinbar, es verknüpfen sich die ungesehenen Gedanken und jedes Werck eines Freundes ist wie der Freund selbst der kömt und uns besucht, an dessen Gegenwart wir uns freuen, und so haben alle Gedichte für mich mehr als eine [4] Bedeutung. Es thut mir wehe mein liebster Freund daß wir Ihr Gedicht über Rom so spät erhalten, suchen Sie uns doch auch Ihres Bruders Almanach zu schiken. Ich will recht in meinen Kindern Freunden und Gedichten leben und alles zu vergessen suchen waß die Welt mir Böses gethan hatt und noch thut. Bernhardi hatt die Niederträchtigkeit gehabt an Knorrings Vater zu schreiben und hofft wohl daß dieser gezwungen sein soll von Rom wegzugehen und sieht gar nicht ein daß er selbst die Verbindung für einen Mann von Ehre unauflöslich fest knüpft daß wen[n] er sucht mich auf das äusserste zu beschimpfen der nicht durch seine Handlungen ihm beistimmen kann sondern ein ehrenvolles Verhältniß auch ehrenvoll behaupten muß. Schreiben Sie mir doch ob Foquet noch mit ihm umgeht und grüssen Sie den von mir. Ich hoffe Ihnen nächstens heiterer zu schreiben, leben Sie wohl und glücklich. Knorring grüßt Sie tausendmal, vergessen Sie nicht Egidio abzusenden und vor allen Diengen vergessen Sie mich nicht und leben Sie glücklig.
Ihre
S[ophie] T[ieck]
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