[1] Ich glaube Ew. Hochwohlgebornen schon in meinem letzten, oder früheren Schreiben von
Es scheint mir nemlich, daß Ew. Hochwohlgebornen den Uebergang von Agglutination zu Flexion, wenn Sie denselben auch nicht ganz abläugnen, doch von keiner zur Erklärung der wesentlichen Natur der Sprachen erheblichen Bedeutung halten; daß Sie den von
Ich bin in allen diesen Punkten abweichender Meinung, und alle liegen der gegenwärtigen Abhandlung zum Grunde, oder berühren sie doch unmittelbar. Meine Ueberzeugung aber ist aus wiederholtem Nachdenken über diese Gegenstände, und aus sorgfältigem Vergleichen der Annahmen, zu welchen es mich führte, mit mehreren und sehr verschiedenartigen Sprachen entstanden, und ich bin in jedem Augenblick bereit, wo die entgegengesetzte Meinung mit neuen Gründen unterstützt wird, die Prüfung aufs Neue vorzunehmen. In Einem Punkt begegnen sich die an sich verschiednen Meinungen ohnehin, nemlich darin, daß es zwischen zwei Gattungen von Sprachen, den wahrhaft geformten und den beinahe formlosen, einen wesentlichen Unterschied giebt. Die Abweichung der Meinungen betrift nur die nähere Bestimmung und die Entstehung dieses Unterschiedes.sl. des 2. Gesanges, und mein Zweifel betrift das Wort [3] âpûryamâṇaṇ. Sie übersetzen es inexpleto. Hier hat wohl aber der Uebersetzung eine andre Lesart zum Grunde gelegen, als dem Text, da ich sonst mit der ersten nicht das lange a reimen kann. Dies vorausgesetzt fragt es sich nur, welche die richtigere und dem Sinn der Stelle angemessenere sey? Ich würde für die des Textes stimmen. Ich nehme das erwähnte Wort alsdann, so wie den Sinn des Ganzen folgendergestalt: wie die Wasser eingehen in das sich anfüllende (durch sie anschwellende) unbeweglich stehnde Meer, so u. s. f. Dies scheint mir einen schönern Sinn zu geben, als wenn man das a privativ erklärt. Im letztern Fall fügen die Leidenschaften, wie die Wasser dem unerschöpflichen Ocean nichts hinzu, beide stehen in ihrer einmal geschlossenen Natur. Bei der andern Lesart schwellen die Wasser den Ocean an, wie die Leidenschaften die Seele bereichern. Aber beides geschieht ohne Sturm, die Seele bleibt ruhig. Indeß möchte dieser Sinn vielleicht der Einfachheit des Alterthums nicht entsprechen. Die Worte intra terminos suos residenti in Ew. Hochwohlgebornen Uebersetzung fügen, genau genommen, dem Text etwas ihm fremdes hinzu. In diesem steht doch nur unbeweglich, was mit langsamem und allmählichem Anschwellen verträglich ist.
Ew. Hochwohlgebornen würden mich sehr verbinden, wenn Sie die Inlage
Mit der hochachtungsvollsten Freundschaft
Ew. Hochwohlgebornen
ergebenster,
Humboldt.
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