[1] Edler Freund und Gönner meiner Studien! Ich habe den mir zugesendeten Aufsatz mit größter Befriedigung gelesen, ich hätte Ihnen sogleich den nächsten Tag meinen wärmsten Dank für die anziehende und belehrende Mittheilung bezeugt, wenn ich mich nicht eben im Drucke des Druckes befände, indem mein drittes Heft unter der Presse hervorgeht. Ihre Abhandlung ist meisterlich geschrieben, und die Regierung hat ganz Recht, sie zur allgemeinen Instruction vervielfältigen zu wollen, höchstens würde ich rathen, ein paar Stellen wegzulassen, nicht weil ich nicht vollkommen damit einverstanden wäre, sondern weil sie vielleicht zu weit über den Horizont der gewöhnlichen Fassungskraft hinausgehn. Ich wüßte wahrlich kein Wort anders, geschweige denn besser zu schreiben. Überdieß haben Sie ja von diesen Dingen weit mehr praktische Kenntniß als ich. Es kommt nun nur auf die Mittel an, die Sache ins Werk zu richten, und auch diese kennen Sie selbst am besten. Nützlich kann ich ihnen auf keine Weise werden, und Sie müssen schon mit meinem Dank und [2] meiner Bewunderung vorlieb nehmen. Ich frage an, ob ich die Abschrift noch etwas behalten darf: ich möchte gern manches daraus für meine nächsten Vorlesungen über Geschichte und Theorie der bildenden Künste benutzen. Der Ausdruck romanische Baukunst scheint mir sehr treffend gewählt zu seyn.
Höchstens könnte ich mündlich Ihnen einen oder den andern Gedanken zur Förderung der Sache angeben. Kommen Sie nur recht bald einmal.
Wäre nicht Hundeshagen dazu zu gebrauchen, von den entlegenen Kirchen pp Zeichnungen sowohl im Ganzen als im Detail zu verfertigen? Es fehlt dem geschickten Manne ohnehin an Erwerb.
Dorow besitzt in der That das Talent, unbekannte und versteckt liegende Dinge auszuforschen. Ich habe mit darauf hingewirkt, daß seine Sammlung in dem Kreuzgange des Capitel-Schulhauses aufgestellt werden soll: dadurch würde dieses bisher ganz verwahrloste schöne Denkmal den Fremden und Einheimischen wieder sichtbar.
Leben Sie tausendmal wohl. An dem Grafen Solms habe ich mit wahrer Betrübniß einen edlen Gönner verloren.
[3] Ich habe noch so viel mit der Einrichtung meiner Druckerey zu schaffen, daß ich nicht weiß, ob ich während der Ferien einen Ausflug werde machen können. Wenn Sie uns dagegen Ihren Besuch schenken, so will ich Sie bestens mit allen meinen kleinen Neuigkeiten und Künsten unterhalten, und Ihnen zu ihrer Ergötzung die ersten Capitel einer lateinisch geschriebenen Grammatik des Sanskrit zu lesen geben.
Ganz der Ihrige
A. W. v. Schlegel
Bonn d. 5ten April 1822
[4]