• August Wilhelm von Schlegel to Ferdinand Walter , Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Bonn · Date: 05.01.1833
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Ferdinand Walter, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 05.01.1833
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 362737169
  • Bibliography: Sulger-Gebing, Emil: Die Brüder A. W. und F. Schlegel in ihrem Verhältnisse zur bildenden Kunst. Mit ungedruckten Briefen und Aufsätzen A. W. Schlegels. München 1897, S. 187‒189.
  • Incipit: „[1] An den Rector Magnificus und den hochlöblichen Senat der Rhein. Friedrich-Wilhelms-Universität.
    Ew. Magnificenz und dem hochlöblichen Senat beehren wir uns dem [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: id-512516790
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,IV,Nr.19
  • Number of Pages: 2 S.
    Language
  • German
[1] An den Rector Magnificus und den hochlöblichen Senat der Rhein. Friedrich-Wilhelms-Universität.
Ew. Magnificenz und dem hochlöblichen Senat beehren wir uns dem empfangenen Auftrage gemäss über die von dem Maler Götzenberger vorgeschlagene architektonische Dekoration der Aula nach wiederholter, auch mit Herr Bau-Conducteur Leydel vorgenommener Besichtigung folgendes gutachtlich zu berichten.
Wir können die Aufstellung wirklicher Säulen in solcher Entfernung von der Wand, dass das darüber angebrachte Gebälk bis an den vorderen Rand der oben herumlaufenden Gallerie vortritt, auf keine Weise anrathen, und zwar aus folgenden Gründen.
1) Die Säulen würden, um in dem gehörigen Verhältnisse zur Höhe zu stehen, von beträchtlicher Dicke seyn müssen, und würden starke Schlagschatten auf die Gemählde werfen.
2) Da der Saal einen grossen Theil seines Lichtes von den oberen Fenstern erhält, so würde durch die so weit vortretende Bretterbekleidung des Gebälkes der obere Theil der Gemälde ebenfalls sehr in den Schatten gestellt werden.
3) Durch die beiden Säulen neben dem Catheder würde dasselbe eingeengt und der Aufgang dazu unbequem gemacht werden, da die Stufen zu dem oberen Catheder zwischen der Säule und der Wand, zu dem unteren aber vor der Säule angebracht werden müssten.
[2] 4) Der Verlust an Raum würde beträchtlich seyn, da der Saal ohnehin schon für die bei feierlichen Gelegenheiten zu erwartende Frequenz kaum geräumig genug ist.
5) Durch Ausführung des vorliegenden Plans steht, ungeachtet aller dazu erforderlichen Aufopferungen dennoch keine den Regeln der Architektur gemässe Decoration zu erreichen. Denn die Säulen an der rechten und linken Seite des Saales stehen einander zwar symmetrisch gegenüber, aber die Säulenweiten fallen überall in einem ganz unerlaubten Grade verschieden aus.
6) Da die Säulen nichts zu tragen haben, als die leichte Gallerie mit ihrer Balustrade, welche Last in gar keinem Verhältnisse zu ihrer Stärke steht, so wird ihre Zwecklosigkeit sehr auffallend seyn. Die Säule, wiewohl der vorzüglichste Schmuck der Architektur ist doch ihrer Natur nach eine Stütze und darf nur da angebracht werden, wo sie als solche erforderlich ist. Die Aufgabe der Architektur ist, den nothwendigen Gliedern eine schöne Form zu geben, aber es widerspricht ihren Grundgesetzen, überflüssige Glieder als blossen Zierrath anzubringen.
Bei einem neu entworfenen Bau pflegt der Architekt dem Bildhauer und Maler die zu decorirenden Räume anzuweisen. Da diess hier aber nicht hat geschehen können, weil man sich mit dem Vorhandenen begnügen musste, so steht es wohl dem Architekten zu, die leidlichste Lösung der bedingten und irrationalen Aufgabe zu finden.
Das rathsamste dürfte demnach seyn mit der Decoration bis zur Vollendung der Gemälde zu warten, und alsdann die Sache der Ober-Bau-Deputation in Berlin vorzulegen, um von dorther, wo man eine grosse Uebung und Erfahrung in dergleichen Dingen hat, einen Riss zu erhalten.
Vielleicht würde es vortheilhaft seyn, den durch die Gemälde nicht bekleideten Theil der Wände nicht einfarbig zu malen, sondern zu marmoriren. In dem oberen Theil liessen sich etwa gemalte Drapperien anbringen, welche nach den Tragsteinen, wenn diese nicht wegzuschaffen sind, angeordnet und abgetheilt, den Uebelstand derselben weniger auffallend machen würden.
Unter den Gemälden könnte in geringer Entfernung von der Wand eine wirklich in Holz oder Eisen ausgeführte Balustrade hingeführt werden, um sie vor Beschädigungen zu schützen.
Bonn den 5ten Jan. 33.
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[1] An den Rector Magnificus und den hochlöblichen Senat der Rhein. Friedrich-Wilhelms-Universität.
Ew. Magnificenz und dem hochlöblichen Senat beehren wir uns dem empfangenen Auftrage gemäss über die von dem Maler Götzenberger vorgeschlagene architektonische Dekoration der Aula nach wiederholter, auch mit Herr Bau-Conducteur Leydel vorgenommener Besichtigung folgendes gutachtlich zu berichten.
Wir können die Aufstellung wirklicher Säulen in solcher Entfernung von der Wand, dass das darüber angebrachte Gebälk bis an den vorderen Rand der oben herumlaufenden Gallerie vortritt, auf keine Weise anrathen, und zwar aus folgenden Gründen.
1) Die Säulen würden, um in dem gehörigen Verhältnisse zur Höhe zu stehen, von beträchtlicher Dicke seyn müssen, und würden starke Schlagschatten auf die Gemählde werfen.
2) Da der Saal einen grossen Theil seines Lichtes von den oberen Fenstern erhält, so würde durch die so weit vortretende Bretterbekleidung des Gebälkes der obere Theil der Gemälde ebenfalls sehr in den Schatten gestellt werden.
3) Durch die beiden Säulen neben dem Catheder würde dasselbe eingeengt und der Aufgang dazu unbequem gemacht werden, da die Stufen zu dem oberen Catheder zwischen der Säule und der Wand, zu dem unteren aber vor der Säule angebracht werden müssten.
[2] 4) Der Verlust an Raum würde beträchtlich seyn, da der Saal ohnehin schon für die bei feierlichen Gelegenheiten zu erwartende Frequenz kaum geräumig genug ist.
5) Durch Ausführung des vorliegenden Plans steht, ungeachtet aller dazu erforderlichen Aufopferungen dennoch keine den Regeln der Architektur gemässe Decoration zu erreichen. Denn die Säulen an der rechten und linken Seite des Saales stehen einander zwar symmetrisch gegenüber, aber die Säulenweiten fallen überall in einem ganz unerlaubten Grade verschieden aus.
6) Da die Säulen nichts zu tragen haben, als die leichte Gallerie mit ihrer Balustrade, welche Last in gar keinem Verhältnisse zu ihrer Stärke steht, so wird ihre Zwecklosigkeit sehr auffallend seyn. Die Säule, wiewohl der vorzüglichste Schmuck der Architektur ist doch ihrer Natur nach eine Stütze und darf nur da angebracht werden, wo sie als solche erforderlich ist. Die Aufgabe der Architektur ist, den nothwendigen Gliedern eine schöne Form zu geben, aber es widerspricht ihren Grundgesetzen, überflüssige Glieder als blossen Zierrath anzubringen.
Bei einem neu entworfenen Bau pflegt der Architekt dem Bildhauer und Maler die zu decorirenden Räume anzuweisen. Da diess hier aber nicht hat geschehen können, weil man sich mit dem Vorhandenen begnügen musste, so steht es wohl dem Architekten zu, die leidlichste Lösung der bedingten und irrationalen Aufgabe zu finden.
Das rathsamste dürfte demnach seyn mit der Decoration bis zur Vollendung der Gemälde zu warten, und alsdann die Sache der Ober-Bau-Deputation in Berlin vorzulegen, um von dorther, wo man eine grosse Uebung und Erfahrung in dergleichen Dingen hat, einen Riss zu erhalten.
Vielleicht würde es vortheilhaft seyn, den durch die Gemälde nicht bekleideten Theil der Wände nicht einfarbig zu malen, sondern zu marmoriren. In dem oberen Theil liessen sich etwa gemalte Drapperien anbringen, welche nach den Tragsteinen, wenn diese nicht wegzuschaffen sind, angeordnet und abgetheilt, den Uebelstand derselben weniger auffallend machen würden.
Unter den Gemälden könnte in geringer Entfernung von der Wand eine wirklich in Holz oder Eisen ausgeführte Balustrade hingeführt werden, um sie vor Beschädigungen zu schützen.
Bonn den 5ten Jan. 33.
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