• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Aschaffenburg · Place of Destination: Heidelberg · Date: 21.08.1818
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Aschaffenburg
  • Place of Destination: Heidelberg
  • Date: 21.08.1818
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 29. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Vom Wiener Kongress zum Frankfurter Bundestag (10. September 1814 ‒ 31. Oktober 1818). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Jean-Jacques Anstett unter Mitarbeit von Ursula Behler. Paderborn 1980, S. 539‒541.
  • Incipit: „[1] Aschaffenburg, den 21ten August 1818.
    Theuerster Freund!
    Du siehst, ich habe des Wartens in Frankf.[urt] überdrüßig einmal wieder einen kleinen Ausflug gemacht; [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34288
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.d,Nr.219
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. m. U.
  • Format: 21,1 x 12,7 cm
    Language
  • German
[1] Aschaffenburg, den 21ten August 1818.
Theuerster Freund!
Du siehst, ich habe des Wartens in Frankf.[urt] überdrüßig einmal wieder einen kleinen Ausflug gemacht; doch für dießmal nur auf wenige Tage. Ich sehe nun den Fürsten M.[etternich] auf jeden Fall in Fr.[ankfurt] oder Joh[annis]b.[erg] und wenigstens kann ich das mit Gewißheit hoffen, daß er mich nach Wien schickt. Auch gebe ich die Hoffnung nicht auf, Euch auf der Rückreise in Heidelb. [erg] wiederzusehn. –
Man wollte mich die letzten Tage endlich nach Eger schicken; allein ich wäre doch erst hingekommen, unmittelbar vor der Abreise des F.[ürsten] M[etternich] <und desfalls wollten sie es auch mit einemmale>. Die Bedingungen waren mir auch nicht recht, man rieth mir sehr stark davon ab; und so war ich am Ende ganz froh, mit Wahrheit erklären zu können, es sey mir nicht möglich, da man es mir zu spät angekündigt.
Meine Lage ist übrigens noch grenzenlos verdrießlich und ich habe mehr als dreydoppelte Pferdegeduld nöthig, um sie zu ertragen.
[2] Schreibe mir nur immer fort nach Frankfurt; denn hier bleibe ich nur zwey oder drey Tage. Wenn ich den Kronprinzen sehe, so werde ich gewiß auch Gelegenheit haben, von Dir zu reden. – Einer meiner liebsten Wünsche würde erfüllt, wenn es sich mit Deinen übrigen Planen doch noch so vereinte und machte, daß wir zusammen nach dem Johannisb.[erg] gehen könnten. Die Zeit dazu würde aller Wahrscheinlichkeit nach vom 1ten – 5ten Sept.[ember] grade die rechte seyn. –
Ich freue mich herzlich Deines Glücks und grüße die schöne Sophie von ganzem Herzen, so wie auch die Mutter und das ganze Haus. – Wenn Du zur Poesie zurückkehrst, so sollst Du und Deine Braut hochgepriesen seyn; dann vollende vor allem den Tristan. Das ist unter allem das beste und das erwünschteste. – Nur Eines kann ich nicht billigen und darin mit Euch nicht einstimmen: daß Du Dich nähmlich, an dem so ehrenvollen Preußischen Ruf nun wieder irre und schwankend machen läßt. Mein ganz entschiedener Rath ist daß Du diesen Ruf durchaus annehmen mußt, wenn [3] er anders so ausfällt, wie wir es immer vorausgesetzt haben; es müßte denn seyn, daß man Dir irgend eine bestimmte Ursache zur entschiedenen Unzufriedenheit giebt. Du hast ihn ja auch eigentlich schon angenommen; den Aufschub der Sache, <wenn sie dabei Deiner Person die gehörige Ehre und Aufmerksamkeit wiederfahren laßen, was doch durch Altensteins Brief durchaus geschehn ist> muß man nicht so gar hoch zum Ueblen anrechnen, denn er erstreckt sich auf alle Gegenstände und ist eben allen Staaten und Regierungen jetzt gemein. Schreibt doch auch August von Genf in dieser Beziehung nicht anders, als wenn es so eins von unseren kleinen Deutschen Staatsnestern wäre. – Was man in Heidelb.[erg] und Bad.[en] für Dich thun würde und könnte, ist erstens noch zweifelhaft und würde in jedem Fall gegen jenes sehr mager ausfallen. Reisen kannst Du mit Deinen Mitteln auch von Bonn aus, eben so auch einen dreymonathl[ichen] oder halbjährigen Aufenthalt in einer großen Stadt machen und Dir vorbehalten, wie es immer Deine Absicht war; als Episode nämlich. Denn als LebensPlan würde das Herumziehen von einer großen Stadt zur andern für Dich als Einzelnen zwar gar wohl ausführbar [4] seyn; allein jetzt bin ich gewiß, daß <Du> es mit Deinem neuen häuslichen Glück ganz unvereinbar finden wirst. Da muß man doch durchaus einen festen Wohnort haben, den Fall wenn Ihr Kinder hättet, nicht zu gedenken. – Also bin ich der Meynung, daß Du durchaus nicht zurücktreten sollst; wenn ich nur dort wäre, so wollte ich schon mit Sophie und der Mutter ausführlich darüber reden. Daß die Eltern Euch gern um sich zu behalten wünschen, ist natürlich; das darf doch aber allein nicht entscheiden. Auch bleibt Dir jener andre LebensPlan immer, falls <es> Dir in Bonn oder auch Berlin durchaus misfallen und Du Deine Erwartungen nicht erfüllt finden solltest. Uebrigens versteht es sich von selbst, daß wenn Du erst im September nach Bonn berufen wirst, Du Dich schwerlich dort schon im October häuslich niederlaßen kannst; dieß kann und wird auch niemand von Dir verlangen. Also genieße Du nur Deinen glücklichen Winter in Heidelberg, fasse aber für das Ganze keinen vorschnellen Entschluß. – Das ist mein Rath. Ich wollte, ich wüßte mir selbst schon so entschieden, klar und bestimmt das Rechte zu rathen, als Dir in diesem Falle. Mir ist eine sehr schwere und noch <ganz> verwickelte Laufbahn vorgezeichnet. – Deine Commißion wegen Wein habe ich gleich besorgt. Der einzig beste Kaufmann für französ.[ische] besonders Bordeaux Weine in Frankf[urt] ist Peter Metzler; der Geschäftsmann heißt Keyl. Er [5] wird Dir wohl <auf meine Veranlaßung> seine Liste, vielleicht auch eine <Anzahl Bout.[eillen] zur> Probe von St. Julien mitgeschickt haben. Ich rathe Dir zu dem St. Julien, 1807 à 1 Fl.[asche] 30 Kr.[euzer] die Bout.[eille]. Es ist derselbe Wein, den Du bey mir und auch bey Grieß getrunken hast. Der <ganz> ordinäre Bord.[eaux] ist jetzt so selten, daß Du ihn auch nicht unter 1 Fl. 12 Kr. die Bout[eille] hast. Da ist der Unterschied im Preise also gering, in der Qualität aber ungemein groß. –
Lebe herzlich wohl. Ich bin des Herumziehens nun allmählich müde und wollte ich wäre in Wien. – Ich sehe Deinen Brief noch einmal nach und finde, daß Du nach dem Stande der politischen Dinge fragst. – Das amerikanische Ungewitter wird wohl <noch> eine Weile beschworen und fern von Europa gehalten werden; allein endlich muß es doch herankommen, das kann gar nicht fehlen. Die Plane von Sibirien fangen an sich deutlicher und <sehr> stark zu entwickeln; doch hält die Freundschaft zwischen England und Oesterreich, und besonders auch Oest.[erreich] und Pr[eußen] noch fest zusammen. Für Frankreich ist doch das nicht beruhigend, [6] daß Well.[ington] so ganz entschieden dagegen ist, die Truppen jetzt herauszuziehen. Du wirst das freylich wohl für <ganz> persönlich halten wollen. – Für Deutschl[and] scheint man auf Neues zu sinnen, mir soll recht lieb seyn, wenn ich nicht dabey bin, denn schwerlich <kann> es <jetzt> etwas ordentliches werden. Ich ahnde wenig gutes von der Reunion in Achen, denn Congreß soll es nun nicht heißen; das Wort ist in Verfall gerathen. – Die französ.[ischen] Fonds haben jetzt wahrscheinlich die größte Höhe erreicht, so daß wenn Aug.[ust] in Paris wäre, Du mit <wahrscheinl[ichem]> Vortheil verkaufen könntest; in den nächsten Monathen werden sie wieder etwas fallen, da sie jetzt doch mit durch Kunst zu dieser Höhe getrieben werden. – An dem plötzlichen und neuen Falle der Metall.[iques] Oblig[ations] von Oesterr.[eich] da der Cours sonst so gut ist, sollen die Gerüchte vom Türkenkriege Ursache seyn.
Schreibe mir bald wieder; es ist mir tröstlich.
Dein Dich liebender Bruder Friedrich.

Grüße meine Freunde Boisserée, wenn Du sie siehst.
Von der Gräfin St. A[ulaire] habe ich einen Brief vom 11ten als dem großen Hochzeitstage, die denn nun endlich vollstreckt ist.
<Die herzlichsten Grüße von Windischmann, der Dich sehr verehrt.>
[1] Aschaffenburg, den 21ten August 1818.
Theuerster Freund!
Du siehst, ich habe des Wartens in Frankf.[urt] überdrüßig einmal wieder einen kleinen Ausflug gemacht; doch für dießmal nur auf wenige Tage. Ich sehe nun den Fürsten M.[etternich] auf jeden Fall in Fr.[ankfurt] oder Joh[annis]b.[erg] und wenigstens kann ich das mit Gewißheit hoffen, daß er mich nach Wien schickt. Auch gebe ich die Hoffnung nicht auf, Euch auf der Rückreise in Heidelb. [erg] wiederzusehn. –
Man wollte mich die letzten Tage endlich nach Eger schicken; allein ich wäre doch erst hingekommen, unmittelbar vor der Abreise des F.[ürsten] M[etternich] <und desfalls wollten sie es auch mit einemmale>. Die Bedingungen waren mir auch nicht recht, man rieth mir sehr stark davon ab; und so war ich am Ende ganz froh, mit Wahrheit erklären zu können, es sey mir nicht möglich, da man es mir zu spät angekündigt.
Meine Lage ist übrigens noch grenzenlos verdrießlich und ich habe mehr als dreydoppelte Pferdegeduld nöthig, um sie zu ertragen.
[2] Schreibe mir nur immer fort nach Frankfurt; denn hier bleibe ich nur zwey oder drey Tage. Wenn ich den Kronprinzen sehe, so werde ich gewiß auch Gelegenheit haben, von Dir zu reden. – Einer meiner liebsten Wünsche würde erfüllt, wenn es sich mit Deinen übrigen Planen doch noch so vereinte und machte, daß wir zusammen nach dem Johannisb.[erg] gehen könnten. Die Zeit dazu würde aller Wahrscheinlichkeit nach vom 1ten – 5ten Sept.[ember] grade die rechte seyn. –
Ich freue mich herzlich Deines Glücks und grüße die schöne Sophie von ganzem Herzen, so wie auch die Mutter und das ganze Haus. – Wenn Du zur Poesie zurückkehrst, so sollst Du und Deine Braut hochgepriesen seyn; dann vollende vor allem den Tristan. Das ist unter allem das beste und das erwünschteste. – Nur Eines kann ich nicht billigen und darin mit Euch nicht einstimmen: daß Du Dich nähmlich, an dem so ehrenvollen Preußischen Ruf nun wieder irre und schwankend machen läßt. Mein ganz entschiedener Rath ist daß Du diesen Ruf durchaus annehmen mußt, wenn [3] er anders so ausfällt, wie wir es immer vorausgesetzt haben; es müßte denn seyn, daß man Dir irgend eine bestimmte Ursache zur entschiedenen Unzufriedenheit giebt. Du hast ihn ja auch eigentlich schon angenommen; den Aufschub der Sache, <wenn sie dabei Deiner Person die gehörige Ehre und Aufmerksamkeit wiederfahren laßen, was doch durch Altensteins Brief durchaus geschehn ist> muß man nicht so gar hoch zum Ueblen anrechnen, denn er erstreckt sich auf alle Gegenstände und ist eben allen Staaten und Regierungen jetzt gemein. Schreibt doch auch August von Genf in dieser Beziehung nicht anders, als wenn es so eins von unseren kleinen Deutschen Staatsnestern wäre. – Was man in Heidelb.[erg] und Bad.[en] für Dich thun würde und könnte, ist erstens noch zweifelhaft und würde in jedem Fall gegen jenes sehr mager ausfallen. Reisen kannst Du mit Deinen Mitteln auch von Bonn aus, eben so auch einen dreymonathl[ichen] oder halbjährigen Aufenthalt in einer großen Stadt machen und Dir vorbehalten, wie es immer Deine Absicht war; als Episode nämlich. Denn als LebensPlan würde das Herumziehen von einer großen Stadt zur andern für Dich als Einzelnen zwar gar wohl ausführbar [4] seyn; allein jetzt bin ich gewiß, daß <Du> es mit Deinem neuen häuslichen Glück ganz unvereinbar finden wirst. Da muß man doch durchaus einen festen Wohnort haben, den Fall wenn Ihr Kinder hättet, nicht zu gedenken. – Also bin ich der Meynung, daß Du durchaus nicht zurücktreten sollst; wenn ich nur dort wäre, so wollte ich schon mit Sophie und der Mutter ausführlich darüber reden. Daß die Eltern Euch gern um sich zu behalten wünschen, ist natürlich; das darf doch aber allein nicht entscheiden. Auch bleibt Dir jener andre LebensPlan immer, falls <es> Dir in Bonn oder auch Berlin durchaus misfallen und Du Deine Erwartungen nicht erfüllt finden solltest. Uebrigens versteht es sich von selbst, daß wenn Du erst im September nach Bonn berufen wirst, Du Dich schwerlich dort schon im October häuslich niederlaßen kannst; dieß kann und wird auch niemand von Dir verlangen. Also genieße Du nur Deinen glücklichen Winter in Heidelberg, fasse aber für das Ganze keinen vorschnellen Entschluß. – Das ist mein Rath. Ich wollte, ich wüßte mir selbst schon so entschieden, klar und bestimmt das Rechte zu rathen, als Dir in diesem Falle. Mir ist eine sehr schwere und noch <ganz> verwickelte Laufbahn vorgezeichnet. – Deine Commißion wegen Wein habe ich gleich besorgt. Der einzig beste Kaufmann für französ.[ische] besonders Bordeaux Weine in Frankf[urt] ist Peter Metzler; der Geschäftsmann heißt Keyl. Er [5] wird Dir wohl <auf meine Veranlaßung> seine Liste, vielleicht auch eine <Anzahl Bout.[eillen] zur> Probe von St. Julien mitgeschickt haben. Ich rathe Dir zu dem St. Julien, 1807 à 1 Fl.[asche] 30 Kr.[euzer] die Bout.[eille]. Es ist derselbe Wein, den Du bey mir und auch bey Grieß getrunken hast. Der <ganz> ordinäre Bord.[eaux] ist jetzt so selten, daß Du ihn auch nicht unter 1 Fl. 12 Kr. die Bout[eille] hast. Da ist der Unterschied im Preise also gering, in der Qualität aber ungemein groß. –
Lebe herzlich wohl. Ich bin des Herumziehens nun allmählich müde und wollte ich wäre in Wien. – Ich sehe Deinen Brief noch einmal nach und finde, daß Du nach dem Stande der politischen Dinge fragst. – Das amerikanische Ungewitter wird wohl <noch> eine Weile beschworen und fern von Europa gehalten werden; allein endlich muß es doch herankommen, das kann gar nicht fehlen. Die Plane von Sibirien fangen an sich deutlicher und <sehr> stark zu entwickeln; doch hält die Freundschaft zwischen England und Oesterreich, und besonders auch Oest.[erreich] und Pr[eußen] noch fest zusammen. Für Frankreich ist doch das nicht beruhigend, [6] daß Well.[ington] so ganz entschieden dagegen ist, die Truppen jetzt herauszuziehen. Du wirst das freylich wohl für <ganz> persönlich halten wollen. – Für Deutschl[and] scheint man auf Neues zu sinnen, mir soll recht lieb seyn, wenn ich nicht dabey bin, denn schwerlich <kann> es <jetzt> etwas ordentliches werden. Ich ahnde wenig gutes von der Reunion in Achen, denn Congreß soll es nun nicht heißen; das Wort ist in Verfall gerathen. – Die französ.[ischen] Fonds haben jetzt wahrscheinlich die größte Höhe erreicht, so daß wenn Aug.[ust] in Paris wäre, Du mit <wahrscheinl[ichem]> Vortheil verkaufen könntest; in den nächsten Monathen werden sie wieder etwas fallen, da sie jetzt doch mit durch Kunst zu dieser Höhe getrieben werden. – An dem plötzlichen und neuen Falle der Metall.[iques] Oblig[ations] von Oesterr.[eich] da der Cours sonst so gut ist, sollen die Gerüchte vom Türkenkriege Ursache seyn.
Schreibe mir bald wieder; es ist mir tröstlich.
Dein Dich liebender Bruder Friedrich.

Grüße meine Freunde Boisserée, wenn Du sie siehst.
Von der Gräfin St. A[ulaire] habe ich einen Brief vom 11ten als dem großen Hochzeitstage, die denn nun endlich vollstreckt ist.
<Die herzlichsten Grüße von Windischmann, der Dich sehr verehrt.>
×
×