Hochwohlgebohrner Herr Professor!
Hochverehrtester Lehrer!
Die Ihnen zugehörigen Sanskrit Bücher, die alle schon bezahlt sind, sind mir von Herrn Baldwin endlich zugestellt; es sind folgende: Die Grammatik von Forster u. Carey; das Kirâtârjunîya, Amarû Ṣataka, Gîta Gôvinda und die Calkuttaer Ausg. v. der Gîta. Die zwei letzten wünschen Sie wahrscheinlich zu behalten; die übrigen kann ich am besten bei Herrn Cochrane absetzen, da er vorzüglich mit dergleichen Büchern handelt. Da aber bei dem Zustande des hiesigen Buchhandels die ursprünglichen Preise nie wiedergegeben werden, so erlaube ich mir Ihre Vollmacht darüber abzuwarten, wie viel unter dem Ladenpreise ich in diesem Handel gehen soll. Ueber die Asiat[ic] Res[earches] bin ich nicht unterrichtet gewesen; sie werden wie immer in Calcutta gedruckt; der fertige Theil davon ist aber an Colebrooke gesendet worden. Herr [Colebrooke] hat mir ein Exemplar für Sie zugestellt, welches ich Ihnen mit den Collationen zum ersten Buche übersenden werde, sobald ich eine Gelegenheit erhalte. Da, wie ich höre, ein Gesandter an die Stelle des Baron Werther schon ernannt ist, so wird es vielleicht am besten seyn, diesen erst abzuwarten. Sie könnten dann auch einen Theil der Materialien zum zweiten Buche erhalten. ‒ Die Subscribenten-Liste habe ich von Herrn Richter noch nicht erhalten; die Ursache wird wahrscheinlich die seyn, daß er Ihnen eine gedruckte Liste zu schicken wünscht; ich weiß auch nicht, ob er sein Versprechen, an Sie zu schreiben, erfüllt habe oder nicht.
Ich konnte in meinem letzten Briefe Ewr. Hochwohlgebohren nur kurz für die große und unverdiente Güte, die Sie mir beweisen, meinen Dank abstatten und benutze dieses Schreiben, Ewr. Hochwohlgebohren meiner aufrichtigsten Erkenntlichkeit zu versichern. Ich muß freilich von meiner Seite sehr besorgen, daß ich weder Ihnen, noch den Wissenschaften von solchen Diensten seyn könne, wozu ich mich hiedurch verpflichtet fühle. In der Voraussetzung, daß es mir möglich wird, ein zweites Jahr hier zu verbleiben, theile ich Ihnen [2] einen Ueberschlag darüber mit, wie weit ich, beim ungestörten Fortgange meiner Arbeiten, in dieser Zeit zu kommen hoffen darf. ‒ Mit den Devanag[ari] Hdschrften werde ich bis zum Ende des nächsten Monaths so weit seyn, wie der zweite Band der gedruckten Ausgabe. Der dritte Band kann ohngefähr einen Zeitraum von 8‒9 Wochen erfordern, mehr aber auch nicht. Sobald ich beim Toddʼschen Codex auf die 4 ersten Bücher beschränken soll, so ist dieses nicht der Rede werth, da ich schon weiter in meiner vollständigen Abschrift bin, als der zweite Theil der Ed[itio] S[eramporica]. Eine vollständige Abschrift zu nehmen, ist hier bei weitem die bequemere Methode, sowohl für Sie als für mich. Als Grundlage bei der Vergleichung der übrigen Hdschrften kann er auf keinen Fall mit Nutzen benutzt werden, wodurch freilich ein großer Theil von der liberalen Weise, worauf sein Gebrauch mir verstattet, verlohren geht. Wenn es Ihr Wunsch wäre, auch das 6te und 7te Buch aus diesem abgeschrieben zu erhalten, so halte ich das wohl zum Theil für ausführbar; kann dann aber gar nicht versprechen, in der Redaction meiner übrigen Collationen mit der Collation selbst Schritt zu halten. Auf das 3te und 4te Buch wird auf jedes wohl 4 Monathe gehen, so daß wenn ich noch am Ende dieses Jahres daran schreiben kann, ich bis zum August des nächsten Jahres damit fertig seyn muß. Die größte Schwierigkeit macht immer der Bengal. Codex: ich muß hier wohl wieder eine andre vollständige Abschrift nehmen und, wiewohl ich glaube, daß ich auch hiemit zum 5ten Buche kommen kann, so sehe ich doch, daß es Anstrengung kosten wird. Wenn Sie glauben, daß eine flüchtige Abschrift dieses Codex hinreichend sey, würde allerdings viel gewonnen werden. Zu diesem Resultate glaube ich mit Sicherheit gelangen zu [3] können, vorausgesetzt, daß meine Gesundheit mir keine Hinderniße in den Weg legen wird. Die Praxis giebt in diesem Handwerk wie in allen, immer eine größere Fertigkeit. Es sollte mich sehr freuen, wenn ich hiezu noch eine erste Abschrift des 5ten Buches fügen könnte. Haben Sie die Güte, mir Ihre Gedanken mitzutheilen, in wie ferne diese Resultate Ihren Erwartungen entsprechen würden. Vom dritten und vierten Buche kann ich Ihnen einen reichen Genuß versprechen; der Ram[ayana] zeigt sich hier in einem Gebiete, das von dem der zwei ersten ganz verschieden ist: in diesen Beschreibungen der Natur und des Waldlebens exzellirt nun aber einmahl die indische Poesie. Das 7te Buch muß ich freilich für eine Ilias, wenn nicht post Homerum, doch wenigstens post Iliadem halten. Es enthält eigentlich nur Nachträge zu den vorhergehenden Büchern, ohne großen innern Zusammenhang, und hier wenigstens nicht am rechten Orte. Der Theil davon, der das Uttara ausmacht, die Krönung des Râma und seine Himmelfahrt, ist vielleicht hievon auszunehmen. Doch genug hievon. ‒ Die hiesigen Sammlungen haben einen großen Verlust dadurch erlitten, daß das Schiff, worauf Sir St. Raffles reiche Sammlungen waren, ganz verbrannt ist. ‒ Frau von Butlar ist schon abgereist. ‒ Die Grammatik von Frank findet hier nicht sonderliches Lob; ich habe mir die freilich unnütze Mühe gegeben, das ganze Buch durchzulesen; es ist kein Werk dienlicher, Leute verrückt zu machen; das Buch zu studieren und doch beim getrosten Muthe zu bleiben, wäre der Beweis eines sehr starken Gehirns. ‒
Erlauben Sie mir schließlich, mich zu unterzeichnen
Ewr. Hochwohlgebohren
dankbarster
Chr. Laßen.
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