• Caroline von Schelling to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Berlin · Date: 31. Mai [bis 1. Juni 1801]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Caroline von Schelling
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 31. Mai [bis 1. Juni 1801]
  • Notations: Datum (Jahr) sowie Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 370516575
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 2. Leipzig 1913, S. 156‒161 u. S. 618‒619 (Kommentar).
  • Incipit: „[Jena] 31 May [‒1. Juni 1801].
    Viel Zeit habe ich zwar, aber lange nicht so viel, wie Du denkst, weil ich zu [...]“
    Language
  • German
[Jena] 31 May [‒1. Juni 1801].
Viel Zeit habe ich zwar, aber lange nicht so viel, wie Du denkst, weil ich zu jeglichem Dinge eine solche Quantität consumiren muß bey meiner Schwäche, die wir künftig lieber Zartheit nennen wollen, so klingt es besser. Oft bin ich so unbeweglich wie eine Pflanze, und man sieht mich gewiß äußerlich nicht athmen, nicht leben, nicht lieben. Schreiben will ich Dir denn doch; schreib Du mir nur, wie lange das Schreiben noch dauern wird.
Cécile ist diese Woche einen Tag hier gewesen und heute ist fast unvermuthet Julchen angelangt, sehr betrübt, Dich nicht vorzufinden. Sie rechnet darauf eine Zeitlang zu bleiben, und ich will sie auch behalten als meine Haustochter, denn ich möchte gern recht sehr genau in meiner Haushaltung seyn und kann doch oft nicht selbst die Treppen schnell genug auf und abkommen, und Luise hat sich auf die Faulheit hier begeben, was ich ihr gern gönne, vielleicht führt es sie zu einer anmuthigen Gelassenheit. Cecilens krankes Wesen würde ich freylich nicht um mich dulden können, aber Julchen ist ein gesundes Kind und meine vornehme weiße Rose neben der andern Rose, die Du ja kennst.
Den alten Meister wirst Du nicht vorfinden und wenn Du Flügel nähmest. Er ist 2 Tage hier gewesen um Jena noch einmal zu sehn, hat auch sonst nichts hier gesehn wie Jena und Schelling. Er geht auf 7 bis 8 Wochen nach Pyrmont und ich wünsche, das Bad möge sich noch Einmal recht königlich beweisen. Er ist sehr munter. Ich habe ihm sagen lassen, er soll Söder nicht versäumen, da dieses vermuthlich das einzigemal ist, daß er Niedersachsen berührt; er hat die Erinnrung dankbar aufgenommen. Fr. Tiek verfehlt ihn nun, warum kam er nicht zu rechter Zeit? Wiedemann hat ihn besucht und schreibt vom 8ten May, daß er ungefähr in 14 Tagen abreisen würde, und wer kan sagen, wie lange 14 Tage ungefähr dauern.
(Es ist mir ein ganzer Strom Dinte über das Papier gelaufen, daß ich den halben obigen Bogen abschneiden mußte, denn die pure Dinte wäre doch ein sehr unausgebildeter Brief. Schilt nicht, es kommt von meiner übermäßigen Zartheit.)
Wir haben für den sonnenklaren*** ein Motto ausgefunden:

Zweifle an der Sonne Klarheit,
Zweifle an der Sterne Licht,
Leser, nur an meiner Wahrheit
Und an deiner Dummheit nicht.

Das Fundament des Einfalls ist von Schelling, die lezte Zeile von mir. S. hat es Goethen mitgetheilt, der, sehr darüber ergötzt, sich gleich den sonnenklaren geben ließ, um sich auch ein paar Stunden von Fichte maltraitiren zu lassen, wie er sich ausgedrückt hat.
Eben haben wir uns mit Reinholds 2ten Heft unterhalten.
Wenn Friedrich sich rechtfertigen kann, so thut er den Mund recht ordentlich auf, wie aus der Einlage zu ersehen. Du hast Dich wirklich etwas verrechnet. Laß Dichs nicht kümmern. ‒ Ich erwarte Deinen nächsten Brief um über Unger besser ins Reine zu kommen. Also nachdem er Dir nun grob begegnet, so läßt er es Tiek und Friedrich wieder zu gut kommen? Es ist abscheulich, daß man mit solcherley Volk zu thun haben muß. Ich will nichts überflüssiges darüber hin und her reden. Laß nur dann bestimmt wissen, wie weit wir hier in eigenmächtigen Anstalten gehn dürfen. ‒ Nicolovius ist zwey Tage mit seiner Frau hier gewesen, ich habe ihn aber nicht gesehn; sie waren immer mit Frommans unterwegens in der Gegend, und der Fromman scheint eine billige heilige Scheu gegen mich zu hegen und mir nicht gern nahe kommen zu wollen. Bohn ist auch hier, aber an Podagra danieder liegend. So viel von der Buchhändlerey.
Friedrich hat bereits einen Korb voll Bücher geschickt, doch vermisse ich vors erste noch den Hemsterhuys und Tieks Donquixote, will sie aber noch nicht fordern, bis ich erst alle Bücher aufgestellt habe. Vielleicht werd ich aus dem Gedächtniß noch mehr Fehlendes inne. ‒
Es ist mir recht lieb so, daß Du den Brief nun ohne weitere Erörterungen fordern willst. Hättest Du nur geschrieben, er solle ihn Dir versiegelt schicken aus Schonung gegen ihn. Aufbrechen kannst Du ihn meinetwegen wohl. Es wäre artig, wenn er vorgäbe, er wär zerrissen oder verbrannt. So viel ich hörte, ist die Veit krank gewesen schon in Leipzig. Zwar waren sie zwey Tage nach der Rückkunft, wie ich Rosen hinzuschicken hatte, beyde in Weimar, und sie muß es seitdem erst wieder geworden seyn. Gries erzählte, daß sie alle Zähne verlohren und sich in Leipzig hätte neue einsetzen lassen wollen, was ihr ein Nervenfieber zuzog. ‒ Von Gries lasse ich mir nicht eben zu oft etwas erzählen, denn meine Brust hält seine Conversation nicht aus, da er doch nicht viel zu erzählen hat, aber weil ich ihn mehrmals abgesagt hatte, baten wir ihn diese Woche förmlich auf einen Abend, und sezten ihm so mit Witz zu, daß er nicht mehr wußte, wo ihm der Kopf stand, und versicherte, außer einen Abend in Weimar auf der Redoute, wo Schelling die Leute mit der Ehrenpforte geneckt hätte, habe er sich den ganzen Winter über nicht dergestalt aus den Achsen gehoben gefühlt. ‒ Frommans schämt er sich bitterlich und nimmt doch dort gern Essen, Trinken und Anbetung ein.
Steffens hat nun ein Buch gefertiget über die Erde und es Goethen zugeeignet, freylich nicht ohne Gedankenstriche. G. hat aber sowohl die Höflichkeit als den Inhalt des Buchs sehr wohl aufgenommen. Steffens ist in Bamberg gewesen und sehr fetirt worden, wie ein Mediciner hieher geschrieben hat. Es sind dieser lezteren jetzt über 80 dort und gewiß hat ihnen Schelling viele eingetragen. Sie gaben dem Steffens, Marcus an der Spitze, eine ordentliche Fête, wo man die Naturphilosophie und Erregungstheorie hochleben ließ. Mad. Paulus war dabey und die Damen schienen sehr berauscht von Bamberg. Caroline spielt mit auf dem dortigen Privattheater. Ich mag nicht davon hören. Dieses Kind, das ohne einen Funken Poesie durchaus in eine excentrische Lebensbahn getrieben werden soll, und die Mutter mit ihrer gehaltlosen Rastlosigkeit, sie machen mir wehe und übel grade auf jenem geheiligten Boden, auf dem sie eine solche Aftererscheinung abgeben.

1 Jun.
Philipp schreibt, daß er bey den jezigen Umständen das Geld von Hufeland selbst nöthig haben wird, und nur nicht recht weiß, wie er es sich auszahlen lassen soll. ‒ Ich habe Succow die 4 Louisdʼor nebst einem artigen Billet zugeschickt. Es wurde deswegen nöthig, weil ich Kilian, theils meinetwegen, theils der Köchin wegen (für die ich die Ruhr befürchtete) , kommen lassen mußte, und die alte Schuld von Succow hätte erwähnt werden können, wenn er dieses erfuhr. Inzwischen lasse ich noch das Geld für Niethammers liegen, die brauchens jetzt nicht, sie sind nun reiche Leute, haben das Gut in Wenigenjena gekauft und sitzen draußen auf ihren eignen Mist, ja sie haben 30000 fl. baar Geld nach Schwaben an die Landschaft ausgeliehen. Niethammer kann also nun der Philosophie entrathen wie sie ihn lange. Dagegen ist aber die N. so schlimm mit ihrer Gesundheit daran, daß man ernstlich für sie fürchtet. ‒ Bezahl nur Hufeland, sobald Du kannst. Dessen Frau ist ja wieder etwas verrückt.
Wegen des Gesangbuchs, das Hardenberg hatte, könntest Du nicht am besten bey Deiner Durchreise in Weißenfels danach fragen? Du wirst doch Sidonien sehn. Es ist ein sehr zerrüttetes Haus. Der Knabe von 12 Jahren, der vorigen Sommer ertrank, hat sich wirklich selbst ins Wasser gestürzt ‒ man weiß keinen Grund, der zu nennen wäre, und hat auch nie etwas außerordentliches an ihm bemerkt als Abscheu vor allem Lernen. ‒ Wird denn wohl noch etwas von dem Roman erscheinen? ‒ Tieks Unthätigkeit geht mir recht nahe. Wenn er denn nur für den Almanach das Gehörige thut. ‒ Gern möchte ich etwas oekonomisches thun; ich will sehn, ob mir Wiedemann nichts aus Paris zuweisen kann.
Ihr werdet ja Brinkmann wieder in Berlin sehn, und überhaupt das deutsche Paris, die Humbolds nehmlich.
So stand es also mit dem Mädchen von Orleans? aha! ‒ Die Schauspieler fangen vor dem ersten October nicht wieder zu spielen [an] und sind bis dahin in Lauchstedt und Rudolstadt. ‒ Übrigens bin ich gar nicht mehr neugierig gewesen. Ich dachte, ich wüßte schon alles.
Voß wird hieher kommen. Es studirt ein junger Voß in Halle, den Gries gesprochen und der ihm gesagt hat unter andern, daß sein Vater Deine Übersetzung der Spindel der seinigen und Eschens aufrichtig vorzöge. Gries meynt, Deine Ehrenerklärung würde Eindruck auf Voß machen. Daß Bothe der Verfasser der Gigantomachie ist, hat Gries auch mit Gewisheit von obigen jungen Voß gehört. ‒ Gries will aus der Haut fahren, daß Du dem Ossian so schlecht begegnest, der ihn in Herzensnöthen so aufgerichtet hat. Ich habe ihn zur Ruhe verwiesen.
Schelling grüßt Dich ‒ er ließt wieder und ist gar nicht gesund ‒ eine doppelte Ursache blos zu grüßen für diesmal.
Wenn Schelling mit Goethe nach Pyrmont hätte gehn können, das wäre etwas.
Lebe recht wohl.
[Jena] 31 May [‒1. Juni 1801].
Viel Zeit habe ich zwar, aber lange nicht so viel, wie Du denkst, weil ich zu jeglichem Dinge eine solche Quantität consumiren muß bey meiner Schwäche, die wir künftig lieber Zartheit nennen wollen, so klingt es besser. Oft bin ich so unbeweglich wie eine Pflanze, und man sieht mich gewiß äußerlich nicht athmen, nicht leben, nicht lieben. Schreiben will ich Dir denn doch; schreib Du mir nur, wie lange das Schreiben noch dauern wird.
Cécile ist diese Woche einen Tag hier gewesen und heute ist fast unvermuthet Julchen angelangt, sehr betrübt, Dich nicht vorzufinden. Sie rechnet darauf eine Zeitlang zu bleiben, und ich will sie auch behalten als meine Haustochter, denn ich möchte gern recht sehr genau in meiner Haushaltung seyn und kann doch oft nicht selbst die Treppen schnell genug auf und abkommen, und Luise hat sich auf die Faulheit hier begeben, was ich ihr gern gönne, vielleicht führt es sie zu einer anmuthigen Gelassenheit. Cecilens krankes Wesen würde ich freylich nicht um mich dulden können, aber Julchen ist ein gesundes Kind und meine vornehme weiße Rose neben der andern Rose, die Du ja kennst.
Den alten Meister wirst Du nicht vorfinden und wenn Du Flügel nähmest. Er ist 2 Tage hier gewesen um Jena noch einmal zu sehn, hat auch sonst nichts hier gesehn wie Jena und Schelling. Er geht auf 7 bis 8 Wochen nach Pyrmont und ich wünsche, das Bad möge sich noch Einmal recht königlich beweisen. Er ist sehr munter. Ich habe ihm sagen lassen, er soll Söder nicht versäumen, da dieses vermuthlich das einzigemal ist, daß er Niedersachsen berührt; er hat die Erinnrung dankbar aufgenommen. Fr. Tiek verfehlt ihn nun, warum kam er nicht zu rechter Zeit? Wiedemann hat ihn besucht und schreibt vom 8ten May, daß er ungefähr in 14 Tagen abreisen würde, und wer kan sagen, wie lange 14 Tage ungefähr dauern.
(Es ist mir ein ganzer Strom Dinte über das Papier gelaufen, daß ich den halben obigen Bogen abschneiden mußte, denn die pure Dinte wäre doch ein sehr unausgebildeter Brief. Schilt nicht, es kommt von meiner übermäßigen Zartheit.)
Wir haben für den sonnenklaren*** ein Motto ausgefunden:

Zweifle an der Sonne Klarheit,
Zweifle an der Sterne Licht,
Leser, nur an meiner Wahrheit
Und an deiner Dummheit nicht.

Das Fundament des Einfalls ist von Schelling, die lezte Zeile von mir. S. hat es Goethen mitgetheilt, der, sehr darüber ergötzt, sich gleich den sonnenklaren geben ließ, um sich auch ein paar Stunden von Fichte maltraitiren zu lassen, wie er sich ausgedrückt hat.
Eben haben wir uns mit Reinholds 2ten Heft unterhalten.
Wenn Friedrich sich rechtfertigen kann, so thut er den Mund recht ordentlich auf, wie aus der Einlage zu ersehen. Du hast Dich wirklich etwas verrechnet. Laß Dichs nicht kümmern. ‒ Ich erwarte Deinen nächsten Brief um über Unger besser ins Reine zu kommen. Also nachdem er Dir nun grob begegnet, so läßt er es Tiek und Friedrich wieder zu gut kommen? Es ist abscheulich, daß man mit solcherley Volk zu thun haben muß. Ich will nichts überflüssiges darüber hin und her reden. Laß nur dann bestimmt wissen, wie weit wir hier in eigenmächtigen Anstalten gehn dürfen. ‒ Nicolovius ist zwey Tage mit seiner Frau hier gewesen, ich habe ihn aber nicht gesehn; sie waren immer mit Frommans unterwegens in der Gegend, und der Fromman scheint eine billige heilige Scheu gegen mich zu hegen und mir nicht gern nahe kommen zu wollen. Bohn ist auch hier, aber an Podagra danieder liegend. So viel von der Buchhändlerey.
Friedrich hat bereits einen Korb voll Bücher geschickt, doch vermisse ich vors erste noch den Hemsterhuys und Tieks Donquixote, will sie aber noch nicht fordern, bis ich erst alle Bücher aufgestellt habe. Vielleicht werd ich aus dem Gedächtniß noch mehr Fehlendes inne. ‒
Es ist mir recht lieb so, daß Du den Brief nun ohne weitere Erörterungen fordern willst. Hättest Du nur geschrieben, er solle ihn Dir versiegelt schicken aus Schonung gegen ihn. Aufbrechen kannst Du ihn meinetwegen wohl. Es wäre artig, wenn er vorgäbe, er wär zerrissen oder verbrannt. So viel ich hörte, ist die Veit krank gewesen schon in Leipzig. Zwar waren sie zwey Tage nach der Rückkunft, wie ich Rosen hinzuschicken hatte, beyde in Weimar, und sie muß es seitdem erst wieder geworden seyn. Gries erzählte, daß sie alle Zähne verlohren und sich in Leipzig hätte neue einsetzen lassen wollen, was ihr ein Nervenfieber zuzog. ‒ Von Gries lasse ich mir nicht eben zu oft etwas erzählen, denn meine Brust hält seine Conversation nicht aus, da er doch nicht viel zu erzählen hat, aber weil ich ihn mehrmals abgesagt hatte, baten wir ihn diese Woche förmlich auf einen Abend, und sezten ihm so mit Witz zu, daß er nicht mehr wußte, wo ihm der Kopf stand, und versicherte, außer einen Abend in Weimar auf der Redoute, wo Schelling die Leute mit der Ehrenpforte geneckt hätte, habe er sich den ganzen Winter über nicht dergestalt aus den Achsen gehoben gefühlt. ‒ Frommans schämt er sich bitterlich und nimmt doch dort gern Essen, Trinken und Anbetung ein.
Steffens hat nun ein Buch gefertiget über die Erde und es Goethen zugeeignet, freylich nicht ohne Gedankenstriche. G. hat aber sowohl die Höflichkeit als den Inhalt des Buchs sehr wohl aufgenommen. Steffens ist in Bamberg gewesen und sehr fetirt worden, wie ein Mediciner hieher geschrieben hat. Es sind dieser lezteren jetzt über 80 dort und gewiß hat ihnen Schelling viele eingetragen. Sie gaben dem Steffens, Marcus an der Spitze, eine ordentliche Fête, wo man die Naturphilosophie und Erregungstheorie hochleben ließ. Mad. Paulus war dabey und die Damen schienen sehr berauscht von Bamberg. Caroline spielt mit auf dem dortigen Privattheater. Ich mag nicht davon hören. Dieses Kind, das ohne einen Funken Poesie durchaus in eine excentrische Lebensbahn getrieben werden soll, und die Mutter mit ihrer gehaltlosen Rastlosigkeit, sie machen mir wehe und übel grade auf jenem geheiligten Boden, auf dem sie eine solche Aftererscheinung abgeben.

1 Jun.
Philipp schreibt, daß er bey den jezigen Umständen das Geld von Hufeland selbst nöthig haben wird, und nur nicht recht weiß, wie er es sich auszahlen lassen soll. ‒ Ich habe Succow die 4 Louisdʼor nebst einem artigen Billet zugeschickt. Es wurde deswegen nöthig, weil ich Kilian, theils meinetwegen, theils der Köchin wegen (für die ich die Ruhr befürchtete) , kommen lassen mußte, und die alte Schuld von Succow hätte erwähnt werden können, wenn er dieses erfuhr. Inzwischen lasse ich noch das Geld für Niethammers liegen, die brauchens jetzt nicht, sie sind nun reiche Leute, haben das Gut in Wenigenjena gekauft und sitzen draußen auf ihren eignen Mist, ja sie haben 30000 fl. baar Geld nach Schwaben an die Landschaft ausgeliehen. Niethammer kann also nun der Philosophie entrathen wie sie ihn lange. Dagegen ist aber die N. so schlimm mit ihrer Gesundheit daran, daß man ernstlich für sie fürchtet. ‒ Bezahl nur Hufeland, sobald Du kannst. Dessen Frau ist ja wieder etwas verrückt.
Wegen des Gesangbuchs, das Hardenberg hatte, könntest Du nicht am besten bey Deiner Durchreise in Weißenfels danach fragen? Du wirst doch Sidonien sehn. Es ist ein sehr zerrüttetes Haus. Der Knabe von 12 Jahren, der vorigen Sommer ertrank, hat sich wirklich selbst ins Wasser gestürzt ‒ man weiß keinen Grund, der zu nennen wäre, und hat auch nie etwas außerordentliches an ihm bemerkt als Abscheu vor allem Lernen. ‒ Wird denn wohl noch etwas von dem Roman erscheinen? ‒ Tieks Unthätigkeit geht mir recht nahe. Wenn er denn nur für den Almanach das Gehörige thut. ‒ Gern möchte ich etwas oekonomisches thun; ich will sehn, ob mir Wiedemann nichts aus Paris zuweisen kann.
Ihr werdet ja Brinkmann wieder in Berlin sehn, und überhaupt das deutsche Paris, die Humbolds nehmlich.
So stand es also mit dem Mädchen von Orleans? aha! ‒ Die Schauspieler fangen vor dem ersten October nicht wieder zu spielen [an] und sind bis dahin in Lauchstedt und Rudolstadt. ‒ Übrigens bin ich gar nicht mehr neugierig gewesen. Ich dachte, ich wüßte schon alles.
Voß wird hieher kommen. Es studirt ein junger Voß in Halle, den Gries gesprochen und der ihm gesagt hat unter andern, daß sein Vater Deine Übersetzung der Spindel der seinigen und Eschens aufrichtig vorzöge. Gries meynt, Deine Ehrenerklärung würde Eindruck auf Voß machen. Daß Bothe der Verfasser der Gigantomachie ist, hat Gries auch mit Gewisheit von obigen jungen Voß gehört. ‒ Gries will aus der Haut fahren, daß Du dem Ossian so schlecht begegnest, der ihn in Herzensnöthen so aufgerichtet hat. Ich habe ihn zur Ruhe verwiesen.
Schelling grüßt Dich ‒ er ließt wieder und ist gar nicht gesund ‒ eine doppelte Ursache blos zu grüßen für diesmal.
Wenn Schelling mit Goethe nach Pyrmont hätte gehn können, das wäre etwas.
Lebe recht wohl.
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