Es thut mit leid, werther Freund, daß ich Ihren divinatorischen Scharfsinn so mühsam und noch dazu so vergeblich in Unkosten habe setzen müssen. Gewiß lag es aber weniger an meiner Hand, als daran, daß Sie nicht glauben wollten, der Ort heiße wirklich so wie Sie lasen, und dann an Ihren geographischen, statistischen und topographischen Büchern, die Ihnen denselben nicht angaben. Sothaner Brunnen- und Bade-Ort heißt also Bocklet, schreibe Bocklet, Bocklet, βοκλετ, und liegt bey Schweinfurt in Franken, welches Sie mit auf die Addresse setzen mögen wenn Sie etwa an Carolinen schreiben. Sie bleibt bis gegen Ende Julii dort; und beschreibt die Lage des Orts und sonstige Umgebung sehr angenehm. Wenn Sie in diese Gegend kommen, so werden Sie auch wahrscheinlich Mad. Paulus da finden, der wegen Ihrer Gesundheit Bocklet oder Brückenau anempfohlen ist; das letzte liegt nur sechs Stunden weit vom ersten.
Hoffentlich wird Ihnen der Krieg bey Ihrer Reise keine Hindernisse in den Weg legen, denn es scheint ja, daß die neuesten Ereig[2]nisse den Frieden schnell herbeyführen werden. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen und Unterhaltung während derselben.
Für jetzt bleibe ich noch in Jena – ich habe freylich gedacht, schon früher im Sommer zu reisen, aber die Arbeiten halten immer länger auf als man rechnet, und fesseln dann. Indessen hoffe ich gegen den Herbst eine Reise zu machen, wo ich vielleicht auch über Göttingen käme. Ob ich den Winter ganz hier zubringen werde, ist noch unbestimmt.
Tieck ist seit Johannis weg, zunächst ist er nach Giebichenstein gegangen, von wo aus er aber, wie ich höre, einen Besuch in Berlin gemacht hat.
Von dem wackern Hülsen habe ich seit undenklichen Zeiten keinen Brief gehabt, unser Freund Schleiermacher hat erfahren, daß die Ursache seines Stillschweigens die Krankheit seiner Frau ist, die hoffnungslos an der Schwindsucht [erkrankt] seyn soll. Dieß ist äußerst traurig, und unser Freund hat sich leider so von aller Welt isolirt, daß niemand etwas zu seiner Zerstreuung und Aufheiterung beytragen kann. [3] Seine Addresse ist übrigens so viel ich weiß immer noch Lentzke bey Fehrbellin.
Schelling ist bey seinen Eltern in Schwaben gewesen, und nun vermuthlich wieder in Bamberg zurück, wo er noch Vorlesungen halten wird.
Fiorillo grüßen Sie bestens, und versichern Sie ihm, daß ich sein Mspt sobald als es mir irgend möglich ist, besorgen werde. Wie aber der 2te Band auf Michaelis noch erscheinen soll, das begreife ich nicht, da er doch wahrscheinlich ziemlich stark seyn wird, und ein solches Buch mit einer Menge Noten, Citationen u. s. w. sich nicht so schnell drucken läßt.
Von Ihrem Tasso habe ich nun das allerletzte gehabt, die Correctur habe ich mit wahrem Vergnügen besorgt, es hat mir leid gethan daß ungeachtet meiner Aufmerksamkeit doch noch ein paar Druckfehler stehen geblieben sind: doch das ist unvermeidlich. Das Buch wird sich gewiß recht stattlich ausnehmen, mir gefällt das größere Format weit besser.
Die Bücher aus der Bibliothek sind nun hoffentlich schon unterwegs. Leider bemerkte ich gleich nach Absendung des Packets, daß [4] ich ein Buch darin vergessen, nämlich den Ameto von Boccaz. Sie werden den Mangel dort auch schon bemerkt haben. Ich möchte das Buch nicht gern allein nachschicken, weil das doppelte Unkosten macht, und wünschte daher Nachricht, ob es nicht damit bis zur Zurücksendung derer, die wir nun bekommen, warten kann.
Leben Sie recht wohl, werthester Freund, reisen Sie glücklich und behalten Sie mich in gutem Andenken.
Ihr
A. W. Schlegel